"Er ist eine Maschine und einfach nur krass. Ein Typ, den man vielleicht in den Trainingseinheiten nicht mag. Aber im Nachhinein umso dankbarer ist. Er ist ein Vollprofi und macht jeden Spieler fitter", lobt Kevin Grund (32), RWE-Urgestein.
Ja, Linnemann weiß wie es geht Spieler zu quälen, mit dem Ziel sie besser zu machen. Er hat schon in seiner Laufbahn als Fitnesstrainer so ziemlich alles erlebt. Er arbeitete mit Amateurspielern, wie denen des SV Horst-Emscher, FC Kray oder FSV Duisburg zusammen. Der Erfolg gibt ihm Recht: Die Spieler des SV Horst-Emscher machte er so fit, dass diese von der Bezirks- in die Westfalenliga durchmarschierten. Mit dem FC Kray feierte er sogar drei Aufstiege in Serie - von der Landes- bis in die Regionalliga.
Zu seinen Schützlingen zählten in der Vergangenheit aber auch Größen wie Leroy Sané (Manchester City), Sead Kolasinac (Arsenal London), Julian Draxler (Paris St. Germain) oder aktuell auch Nationalspieler Matthias Ginter (Borussia Mönchengladbach). Denn Linnemann betreut neben seiner Tätigkeit bei RWE auch weiterhin Spieler anderer Klubs - so ist das mit Rot-Weiss Essen vereinbart.
Wir haben mit dem 44-jährigen Familienvater und Takewondo-Vize-Weltmeister von 2005 im RWE-Trainingslager in Spanien gesprochen.
Sven Linnemann, am Donnerstag haben die Spieler von Rot-Weiss Essen eine Yoga-Einheit absolviert. Wie wertvoll können solche Übungen für die Fußballer sein? Es ist wichtig, dass die Jungs beweglich bleiben. Die Muskulatur wird dadurch für die Verletzungs-Prophylaxe gestärkt. Wir machen deshalb sehr viel Stretching mit den Jungs. In diesen Übungen sind viele Elemente aus dem Yoga dabei und deshalb nennen wir diese Trainingsform auch Yoga. Es ist aber nicht das klassische Yoga.
RWE blieb im ersten Saison-Halbjahr von Verletzungen verschont. Das ist dann wohl kein Zufall... Das kann man so nicht sagen. Denn wir haben natürlich auch viel Glück gehabt. Manchmal kommen Spieler in Eins-gegen-Eins-Situationen und verletzen sich. Da kann man da auch nichts machen. Aber alles andere haben wir da schon gut im Griff. Vor allem was die Trainingssteuerung angeht. Das funktioniert schon sehr gut.
Sie sind Vize-Weltmeister im Taekwondo. Wissen die Jungs das eigentlich mit wem Sie es da zu tun haben? Ich musste mich noch gegen keinen Spieler körperlich verteidigen (lacht). Nein, im Ernst: Die Jungs kennen meinen Werdegang und haben Respekt vor dem, was ich mache.
Stichwort Belastungssteuerung: Im Kader stehen in Spanien 26 Spieler. Kann man die Trainingssteuerung bei so vielen Athleten überhaupt noch individuell ausrichten? Es wird sowohl individuell, als auch in Gruppen, aber auch als Gesamt-Mannschaft trainiert. Man muss auch schauen, wer auf welcher Position spielt. Wir beobachten auch durch die Pulsfrequenz-Messung die Laufleistungen und die Belastung der Spieler. Ich überprüfe das dann während des Trainings, dass wir auch nicht zu viel machen. Das müssen wir im Trainerteam alles gut koordinieren. Danach wird dann das wird dann auch das weitere Training gesteuert.
Gibt es bei RWE so einen richtigen Kilometerfresser? Nein, da möchte ich jetzt keinen Spieler herausheben. Jeder macht einen guten Job. Genauso wie es sein soll. Das sieht man dann auch anhand der wenigen Verletzungen.
Sie haben vor Ihrer RWE-Zeit auch große Stars wie Sané, Draxler oder Kolasinac fit gemacht. Unterscheidet sich die Arbeit im Vergleich zu der in Essen in irgendeiner Form? Nein, wir sind alles nur Menschen. Es macht Spaß mit allen Jungs zusammenzuarbeiten, sie zu verbessern. Wenn ich dann sehe, dass sie stärker geworden sind und die Leistungen besser sind, dann freut mich das tierisch. Denn am Ende des Tages zählt der Erfolg und ich freue mich, wenn ich dazu beitragen kann. Auch wenn ich nur ein kleines Mosaiksteinchen in einem großen System bin.
Was ist das wichtigste in Ihrem Job als Fitness- bzw. Athletiktrainer? Ich bin sowohl mental als auch physisch für die Jungs da. Ich bin der Meinung, dass man seine Grenze kennen muss, um diese überhaupt zu erreichen. Wenn man nie in seinem Leben Grenzerfahrungen gesammelt hat, dann wird es schwierig. Das probiere ich den Jungs zu übermitteln. Das klappt eigentlich ziemlich gut.
Um die Grenze dann aber nicht zu überschreiten, dürfte ein Tanz auf der Rasierklinge sein, oder? Ja, aber man kann nur besser werden, wenn man an seine Grenzen kommt und sogar einen Ticken darüber hinaus geht. Dann wird man auch den nächsten Schritt machen. Nur wenn man die nächste Grenze überschreitet, kommt man auch weiter nach oben. Es geht immer weiter. Eine Grenze ist nie das Ziel. Es geht immer weiter, man kann immer besser, immer stärker werden. Es ist eine 'never ending story'.
Machen die Spieler denn diese Grenzerfahrungen gerne? Sowohl als auch. Es gibt Charaktere, die darauf schwören, weil sie wissen, dass es ihnen guttut. Es gibt aber auch Jungs, die wissen, dass sie das brauchen, weil sie sonst nicht weiter kommen. Es gibt natürlich auch Jungs die einen Arschtritt brauchen. Das muss man auch sagen.
Sie betreuen neben der RWE-Tätigkeit auch noch andere Spieler - welche denn aktuell? Da sind Jungs aus der ersten, aus der zweiten Bundesliga dabei. Aber auch viele Jugendspieler. Aktuell trainiere ich oft mit Matthias Ginter von Gladbach, Connor Krempicki und Ahmet Engin vom MSV. Aber auch Rene Klingenburg von Dynamo Dresden. Mein Hauptjob sind aber natürlich die RWE-Spieler. Es wird nie langweilig und macht immer Spaß.