„Das, was war, zählt nicht mehr.“ Es war einer der ersten Sätze, die der neue Trainer Stefan Colmsee beim Trainingsauftakt des Fußball-Landesligisten Viktoria Resse zu seinen Spielern sagte. Die Resser waren in der vergangenen Saison zu einem Abenteuer aufgebrochen, überraschend waren sie in die Westfalenliga aufgestiegen. Von diesem Abenteuer kehrten sie mit einigen blauen Flecken zurück, es endete mit dem sang- und klanglosen Abstieg. Nun soll es mit weißer Weste in der Landesliga weitergehen.
Zurück in der Normalität, im Alltag. „Da gehört der Verein momentan objektiv betrachtet auch hin“, sagt Peter Colmsee, Sportlicher Leiter und Vater des neuen Coaches Stefan. „Der ganze Verein und das Umfeld sind noch nicht so gewachsen, dass wir jetzt ständig Westfalenliga spielen können. Das schaffen wir gar nicht.“ Der direkte Wiederaufstieg ist dementsprechend überhaupt kein Thema am Emscherbruch. „Man darf auch nicht vergessen, dass wir als Verein jetzt in unsere dritte Landesliga-Saison gehen“, betont Stefan Colmsee. Im Sommer 2015 war Resse erst aus der Bezirksliga aufgestiegen, beim 1:0-Erfolg im Entscheidungsspiel gegen Westfalia Rhynern II stand er selbst noch auf dem Platz.
Von der Sechs auf die Trainerbank
So wie auch beim Abenteuer Westfalenliga in der vergangenen Saison. Dann aber nahm nach vier Jahren Erfolgstrainer Frank Conradi seinen Hut, und der Verein legte sich auf Stefan Colmsee als Nachfolger fest. Vom defensiven Mittelfeld auf die Trainerbank, ganz so leicht ist dieser Wechsel natürlich nicht. Zwar hat Colmsee bereits Jugendmannschaften des Vereins trainiert und kennt somit die Perspektive von außen, nach dem Trainingsauftakt muss er dann aber doch zugeben: „Dass es noch ein bisschen gejuckt hat im Fuß, kann man nicht leugnen.“
Einen Umbruch gibt es bei Viktoria Resse aber nicht nur neben, sondern auch auf dem Platz. Acht Spieler haben den Verein verlassen, elf Neue heuern dafür am Emscherbruch an. „Eine ganze Menge“, findet nicht nur Stefan Colmsee. Einige Resser haben sich trotz der vielen blauen Flecken, die sich die Viktoria in der vergangenen Saison holte, für höhere Aufgaben empfohlen.
Gesucht: Schnelligkeit
So laufen Lars Rustige und Dominik Hanemann ab August für den Holzwickeder SC in der Oberliga auf. Natürlich sind sie in Resse nicht gerade glücklich über diese Tatsache, aber: „Wir sehen uns als Ausbildungsverein. Das sind zwei Jungs, die wir groß gemacht haben. Dass die beiden jetzt in die Oberliga wechseln, spricht für ihre Qualität und unsere Ausbildung“, ist Peter Colmsee auch ein wenig stolz.
Auch mit Mohamed Bouachria hätten sie in Resse gerne weitergearbeitet, doch der Angreifer wechselt zu seinem bei Horst 08 spielenden Bruder Samir. Denn Mohamed Bouachria hat das, wonach Resse in den letzten Monaten suchte: Er ist schnell. „Wir wollten wieder mehr Tempo haben, das hatten wir in der letzten Saison nicht“, erklärt Peter Colmsee. Zusammen mit Trainer und Sohn Stefan habe man auf allen Positionen Spieler geholt, die „jung, dynamisch und schnell“ sind.
Colmsee besinnt sich auf seine "ursprüngliche Aufgabe"
Dass die Resser mit diesem neuen Tempo und ihrer Rolle als Absteiger nun Favorit auf den Aufstieg sind, weisen Peter und Stefan Colmsee weit von sich. „Wir müssen uns jetzt nach dem Umbruch erst einmal in der Liga etablieren“, sagt der neue Resser Trainer. „Ich bin kein Freund davon, irgendwelche Tabellenregionen als Ziel auszugeben. Ich besinne mich auf die ursprüngliche Aufgabe als Trainer. Nämlich die Spieler einzeln und die Mannschaft als Ganzes weiterzuentwickeln.“
Das geschah natürlich noch nicht beim ersten Training, da ließ Stefan Colmsee erst einmal spielen. Den Ressern merkte man die Lust darauf, den Ball wieder am Fuß zu haben, an, im Training war Feuer drin. Das Trainingsspiel wurde gefilmt, um den Spielern im dreitägigen Trainingslager Anfang Juli „etwas zeigen zu können“, wie Peter Colmsee erklärt.
Ist der Sportliche Leiter eigentlich kritischer mit dem neuen Trainer, weil der sein Sohn ist? „Nein, auf keinen Fall. Das war früher so, als ich ihn selbst noch trainiert habe“, antwortet Peter Colmsee und lacht. Die Stimmung in Resse ist gut, die blauen Flecken von dem Abenteuer Westfalenliga sind verschwunden.