ffener Brief von Dr. Michael Welling: „Aber eins, aber eins, das bleibt bestehn!“
Liebe Fans, Freunde und Förderer von Rot-Weiss Essen, wir singen: „Nur der RWE! – Aber eins, aber eins, das bleibt bestehn, der Rot-Weiss Essen wird nicht untergehn!“ So hätte es auch am Wochenende vielkehlig erklingen sollen, erstmals wieder von der Westtribüne. Dass dem „Rot-Weiss Essen wird nicht untergehn!“ tagesaktuell eine schlechte Doppeldeutigkeit innewohnt, konnte sich noch am Donnerstag letzter Woche sicherlich niemand vorstellen.
Dr. Michael Welling "Aber eins, aber eins, das bleibt bestehn, Rot-Weiss Essen wird nicht untergehn!"
Doch „erstens kommt es anders und zweitens als man denkt“ – in der Tat, das Wochenende hatten wir uns ganz anders vorgestellt. Alles war vorbereitet darauf, erstmals nach de facto 19 Jahren aber gefühlt Jahrhunderten wieder ein Rot-Weiss-Essen-Heimspiel vor vier Tribünen zu feiern. Der Saisonstart und der attraktive Gegner Viktoria Köln hätten sicherlich dazu geführt, dass wir mit vielleicht über 12.000 Zuschauern ein hochklassiges Spiel gesehen hätten, dass wir eine rot-weisse Mannschaft hätten erleben dürfen, die sich gegen den großen Favoriten zerreißt und diesen mit Hilfe der leidenschaftlichen Fans niederringt. Der „Schreck vom Niederrhein“ hätte erklingen können – mit eben der doppeldeutigen Textzeile. Und am Freitag davor hätten wir im kleineren Rahmen einmal getestet, wie sich die Westtribüne im neuen Stadion so macht, wie es ist, darauf zu stehen, zu singen und das gute Bier-Bratwurst-Ball-Gefühl, das einmalige Gefühl Hafenstraße zu erleben.
Aber: es hat nicht sollen sein. Die Fußballgötter waren scheinbar dagegen und haben uns leidgeprüften Rot-Weiss-Essen-Fans einmal mehr ein Beinchen gestellt. Wenn man diesen Gedanken augenzwinkernd weiterführt, so war es vielleicht der Geist von Georg Melches, der das Wasser hat fließen lassen, damit eben das neue Stadion mit den vier Tribünen würdevoll in einem Spiel unter Freunden gegen Werder Bremen eingeweiht wird – und nicht in einem „profanen“ Saisonspiel gegen Viktoria Köln. Wir wissen, dass der Geist von Georg Melches stark ist, dass uns der Geist von Georg Melches stärkt und beflügelt – aber in diesem Fall glauben wir nicht an (gute oder böse, je nach Standort) Geister.
Der – so stellt es sich aktuell dar – durch ein defektes Rohr verursachte Wasserschaden trifft uns, den Eigentümer GVE und somit die Stadt Essen hart. Das auslaufende Wasser hat einen Kurzschluss verursacht und so in der Nacht von Donnerstag auf Freitag die Kollegen der Feuerwehr alarmiert, die schnell und umsichtig agiert haben und dadurch schlimmeres verhindern konnten. Der erste Dank geht daher an die Feuerwehr und die Feuerwehrleute! Sie konnten schon sehen, dass das Wasser – wie man so sagt – gewütet und baulichen und infrastrukturellen Schaden im Untergeschoss des schönen neuen Stadions verursacht hat.
Das Wasser hat dabei die Elektrik beschädigt, so dass im Moment kein Strom im Stadion vorhanden ist, weshalb an einen Normalbetrieb der Geschäftsstellenräume und des Fanshops nicht zu denken ist. Fieberhaft arbeiten wir gemeinsam mit der GVE und der Stadt Essen an Lösungen und werden zeitnah informieren, sobald sich hier abzeichnet, dass wir den Geschäftsstellenbetrieb wieder aufnehmen können – wir sind aber sicher, dass das noch in den nächsten Tagen, spätestens Anfang der nächsten Woche erfolgen kann.
Mit Blick auf das konkret betroffene Untergeschoss ist aktuell dabei kaum valide zu quantifizieren, wie hoch der Schaden sein wird und wie lange die Behebung dauert. Mit Blick auf das Untergeschoss des Stadions, in dem die Umkleidekabinen, Pressekonferenzräume, unser Lager, unser Fitnessraum und weitere Räumlichkeiten untergebracht sind, wird es aber sicherlich eher einige Wochen denn Tage dauern, bis diese Räumlichkeiten wieder vollständig repariert und nutzbar sein werden.
Der Schaden für Rot-Weiss Essen – jenseits des Schadens am Gebäude – resultiert dabei zunächst vor allem aus den beschädigten Gerätschaften, Ein- und Ausrüstungsgegenständen. Konkret in Mitleidenschaft gezogen sind unsere Trainingsutensilien, sind unsere Fitnessgeräte, die Waschmaschinen und Trockner, Möbelstücke, die wir haben anfertigen lassen, Massageliegen, Fangogerät, unsere Ticketmedien und Drucksachen, die wir im Untergeschoss gelagert haben, aber auch so profane Dinge wie die Ballpumpen und die just erhaltene Lieferung unseres Saisonbedarfs an Waschmitteln. Ideell und atmosphärisch ist nicht zu verkennen, dass wir uns nach einer Übergangszeit gerade eingelebt hatten, dass wir und die Mannschaft dabei waren, uns mehr und mehr heimisch und zuhause zu fühlen – nun werden wir uns wieder auf neue Rahmenbedingungen einstellen. Ob und wie der gesamte Schaden ersetzt wird, ist für uns zur Zeit noch nicht absehbar. Mit den Versicherungen sind wir im Austausch, wir sind auch hier guter Dinge, dass zumindest ein großer Teil des materiellen Schadens ersetzt wird.
Kurzfristig heißt es für uns, kreativ und flexibel zu sein, um den Trainings- und den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten. Dank der Hilfe von DJK Wacker Bergeborbeck kann die Mannschaft erst mal normal auf dem Willi-Lippens-Platz weitertrainieren, wird sich aber an der Cathostraße umziehen und dort duschen. Mit Blick auf das Spiel gegen unsere Freunde von Werder Bremen und den folgenden Ligabetrieb werden wir gemeinsam mit der GVE und der Stadt voraussichtlich mit einer Containerlösung Umkleide- und Duschmöglichkeiten schaffen, so dass wir guter Hoffnung sind, dass der feierlichen Eröffnung am 6. August nichts im Wege stehen wird – Gewissheit werden aber auch hier die nächsten Tage bringen.
Wir haben uns einen schöneren Saisonstart gewünscht, wir haben uns einen passenderen Rahmen für das Spiel gegen Werder Bremen erhofft, aber wir werden damit nun positiv fatalistisch umgehen: Wir können nichts mehr ändern und werden eng zusammenrücken und das, was notwendig ist, gemeinsam mit unseren Fans, Freunden und Förderern angehen. Wir werden hier mit der GVE und der Stadt Hand in Hand und zielführend zusammenarbeiten und entsprechende Lösungen finden – da sind wir sicher.
Wenn man so will, passt das irgendwie zu Rot-Weiss Essen: Wir haben leidenschaftliche und leidensfähige Fans, wir haben schon (zu) oft Rückschläge ein- und wegstecken müssen. „RWE – hart wie das Leben“ könnte Credo des Vereins und der Fans lauten. Allein die letzten drei Jahre: Insolvenz, Zwangsabstieg, „Wettenmist“, Wasserball gegen Verl und nun Wasserschaden im Untergeschoss des neuen Stadions. Wir sind hart gegen uns selbst und hart im Nehmen. Es heißt: „Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht – denn wir sind unkaputtbar, Rot-Weiss Essen!“ Es heißt auch: Was uns nicht umbringt, macht uns nur noch härter – so hart wie Rot-Weiss Essen kann inzwischen aber niemand mehr werden, in dieser Hinsicht haben wir gegenüber allen Vereinen der Welt einen inzwischen uneinholbaren Vorsprung …
Viele Fans, Freunde und Förderer haben spontan und schnell Ihre Hilfsbereitschaft zugesagt. Das hat uns sehr bewegt, dafür möchten wir an dieser Stellen allen sehr, sehr herzlich danken. Wir haben Lagerflächen, Büros, Trainingsmöglichkeiten usw. usw. usw. angeboten bekommen, dies hilft uns, aktuell einiges am Laufen zu halten. Die Idee von Fans, „Jetzt-Erst-Recht“ die Spiele gegen Viktoria und gegen Werder ausverkauft zu bekommen, sich teilweise trotz Dauerkarte oder vorhandenem Tagesticket eine weitere Dauerkarte oder eine weitere Eintrittskarte zu kaufen, berührt uns sehr und wird den finanziellen Schaden sicherlich etwas reduzieren. Es wäre ein Traum, wenn wir auch beim Nachholspiel gegen die Viktoria oder beim Eröffnungsspiel gegen Werder „ausverkauft“ vermelden könnten. Wir sind zudem sicher, dass es auch in den nächsten Wochen Möglichkeiten geben wird, uns zu unterstützen. Wir sagen definitiv Bescheid, bitten aber nun auch erst Mal um Geduld, da wir zunächst eine Bestandsaufnahme vornehmen müssen.
Zugleich wollen und sollten wir bei aller Betroffenheit aber auch relativieren. Der Schaden ist frustrierend, die monetären Konsequenzen werden uns hart treffen und wir werden mit viel Arbeit, viel Zeit und eben hoffentlich etwas Geld in den nächsten Wochen und Monaten den Schaden beheben. Aber: wir dürfen nicht vergessen, dass es eben ein Schaden ist, der mit Arbeit, Zeit und Geld zu mindern ist. Viele Fans von uns und viele weitere Menschen durchleben mit ihren Familien aktuell sicherlich eine sehr viel schwererer Zeit, haben individuelle Schicksale zu bewältigen, die leider nicht mit Arbeit, Zeit und Geld zu beheben sind. An diese Menschen sollten wir denken und sollten deren Schicksale bei allem Ärger und bei allem Frust, den wir aktuell haben, immer auch als Maßstab haben und wissen, dass es wirklich größere Probleme gibt, als die, die uns hier gerade beschäftigen!
In diesem Sinne: „Nur der RWE! – Aber eins, aber eins, das bleibt bestehn, der Rot-Weiss Essen wird nicht untergehn!“
Ihr Michael Welling
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