Selbst Italiens Trainerlegende Giovanni Trapattoni konnte auf der Bank der Iren nicht verhindern, dass sein Team ohne Punkt und mit 1:9 Toren die Heimreise antreten muss. Schon mit einem Unentschieden hätten "Trap" und seine "grünen Jungs" der skandalgeschüttelten Squadra Azzurra neben dem Vorrunden-Aus auch das schlechteste Ergebnis ihrer EM-Geschichte eingebrockt. Die Gelb-Rote Karte gegen Keith Andrews in der 89. Minute konnten die Iren locker verschmerzen.
Als der Schlusspfiff ertönte, mussten die Italiener noch wenige Minuten zittern. Hätte Kroatien im Parallelspiel gegen Weltmeister Spanien noch das 1:1 erzielt, wäre die Squadra Azzurra wie schon bei der WM von zwei Jahren in der Vorrunde gescheitert. Doch Spanien hielt das 1:0 - und Italien jubelte.
"Wir haben mit allen Kräften diesen Sieg gewollt. Wir haben begriffen, dass wir nicht nur Technik und Qualität, sondern auch das Herz einsetzen müssen", sagte Italiens Trainer Cesare Prandelli. Robbie Keanes Enttäuschung hielt sich in Grenzen: "Natürlich sind wir alle etwas traurig, aber wir sind von besseren Teams geschlagen worden. Es ist schade für unsere Fans, sie hätten mehr verdient gehabt."
Immerhin machte es Trapattoni seinem Heimatland wie angekündigt schwer. Die Italiener begannen nervös und mit vielen Fehlern. 37.000 Zuschauer in Posen, darunter zahlreiche sangesfreudige Iren, sahen zwar feldüberlegene Italiener, denen jedoch über weite Strecken die Ideen fehlten. Irland stemmte sich vor 38.794 Zuschauern mit einer massiven Abwehr und viel Leidenschaft gegen die dritte Niederlage in Folge.
Gegen die starke Abwehr versuchten es die unter Siegzwang stehenden Italiener zunächst mit Kurzpass-Spiel, fanden jedoch kein Durchkommen. Nicht viel besser klappte es aus der Distanz: Federico Balzaretti (19.) verfehlte das Ziel aus 30 Metern ebenso wie der harmlose Spielmacher Andrea Pirlo (22.).
Die Iren, bei denen Damien Duff in seinem 100. und wohl letzten Länderspiel die Kapitänsbinde trug, lauerten derweil auf Kontermöglichkeiten. Die wenigen Gelgenheiten verpufften allerdings ergebnislos, so auch bei der besten Chance durch Aiden McGeady (25.). Auf der Gegenseite hatte Antonio Di Natale Pech, als sein Schuss vom Elfmeterpunkt gegen den angelegten Arm des Verteidigers Sean St. Ledger prallte und Schiedsrichter Cüneyt Cakir (Türkei) auf Weiterspielen entschied (30.).
Vor der Pause erhöhte Italien den Druck und wurde doch noch belohnt: Nach einer Ecke von Pirlo köpfte Cassano den Ball aufs Tor, eine Rettungsaktion von Duff erfolgte deutlich hinter der Linie. Der Angreifer war in der Vorwoche wegen schwulenfeindlicher Äußerungen in die Kritik geraten.
Mit der beruhigenden Führung im Rücken nahm Italien nach der Pause endlich das Heft in die Hand. Besonders Cassano brachte die irische Abwehr immer wieder in Verlegenheit und hatte gleich mehrfach seinen zweiten Treffer auf dem Fuß. Der 29-Jährige blieb allerdings ebenso in der vielbeinigen Defensive hängen (48./49.) wie Di Natale (55.), dem nach einem Alleingang die Luft ausging.
In der Schlussphase konzentrierte sich der Viertelfinalist von 2008 nur noch darauf, den kostbaren Sieg über die Zeit zu retten. Echte Gefahr ging von den Iren ohnehin nicht aus, mehr als Fernschüsse brachte die harmlose Offensive nicht zustande. Der eingewechselte Balotelli machte kurz vor Schluss alles klar.
Einziger Wermutstropfen für die Italiener war das mögliche EM-Aus von Giorgio Chiellini: Der Verteidiger verletzte sich ohne Fremdeinwirkung am Knie und musste ausgewechselt werden.