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Olympia: Interview mit Fabian Hambüchen
"Wenn es optimal läuft, dürfte nichts passieren"

Olympia: Interview mit Fabian Hambüchen
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Deutscher Meister, Europameister, Weltmeister: am Reck fehlt Fabian Hambüchen nur noch das Olympia-Gold zum ganz großen Glück.

sid: "Wenn Sie jetzt an Peking denken, gibt es da manchmal eine Art Schreckensvision, dass etwas nicht funktioniert?"

Hambüchen: "Ja natürlich überlegt man sich auch ab und zu mal, was wäre wenn. Aber nur im Vorfeld. Wenn man dann vor Ort ist oder in der Vorbereitung, spielt dieser Gedanke ganz gewiss keine Rolle mehr. Da ist der komplett ausgeschaltet. Alles was negativ ist, das wird überhaupt nicht mehr in Erwägung gezogen."

sid: "Träumen Sie schon Peking?"

Hambüchen: "Ja, definitiv."

sid: "Sind das schöne Träume, oder müssen Sie danach mit Ihrem Onkel sprechen, mit dem Sie Mentaltraining machen?"

Hambüchen: "Nein, das sind wirklich schöne Träume. Die werden auch die ganze Zeit schön bleiben. Vor Wettkämpfen träume ich nie was Schlechtes."

sid: "Verhalten Sie sich im Moment anders als sonst, so kurz vor Olympia? Sind Sie vorsichtiger?"

Hambüchen: "Ja, auf jeden Fall. Allein was die Freizeit angeht. Da passiert momentan null bei mir. Auch wenn Freunde fragen, ob wir uns treffen können. Ich schotte mich da schon irgendwie ab. Alle Zeit, die ich habe, brauche ich wirklich zum Ausruhen und Regenerieren, weil die Trainingseinheiten brutal hart sind. Ich lass wirklich nichts anbrennen, trainiere so viel, wie es nur geht, bereite mich so hart wie möglich vor, trinke nichts. Ich kann das alles nach Olympia nachholen. Bis dahin zählt wirklich nur das Training."

sid: "Wann wäre Olympia für Sie ein Erfolg?"

Hambüchen: "Olympia ist ein Erfolg, wenn es bei mir optimal läuft. Und optimal laufen bedeutet, dass ich perfekt turne. Scheiß egal auf das Ergebnis. Die deutschen Meisterschaften waren ein Erfolg. Ich habe keinen Fehler gemacht. Bei der EM habe ich keinen Fehler gemacht. Das war ein absoluter Erfolg. Wenn bei optimaler Leistung keine Medaille rauskommt, ist es trotzdem ein Erfolg. Das habe ich in Athen auch gehabt. Ich hatte keine Medaille, war Siebter. Aber ich habe gut geturnt. Also war das ein Erfolg."

sid: "Sie haben in Peking Medaillenchancen am Reck und auch im Mehrkampf. Wie bekommen Sie im Zeitalter der Spezialisierung die Balance hin?"

Hambüchen: "So dumm es sich auch anhört, ich investiere in einem Training fast die wenigste Zeit am Reck. Das glaubt keiner. Ich geh ran und zieh mein Programm in einem Tempo durch, ohne einen Fehlversuch zu machen, weil ich einfach so stabil an dem Gerät bin. Aber ich brauche zum Beispiel am Barren im Training manchmal 50 Minuten, am Reck manchmal nur 20 Minuten. Das ist wirklich der Hammer. Wir haben uns ja nie auf Reck spezialisiert, sondern immer auf den gesamten Wettkampf konzentriert. Wir wollten immer an allen Geräten gut sein, an allen Schwächen arbeiten und daraus haben sich halt die Stärken ergeben wie am Reck."

sid: "Wann entscheiden Sie in Peking, welchen Schwierigkeitsgrad sie am Reck turnen?"

Hambüchen: "In der Qualifikation reicht eine 7,0 oder 7,1 dicke, um ins Finale zu kommen. Im Finale entscheide ist spätestens, wenn der letzte Turner vor mir geturnt hat. Turne ich als Achter, weiß ich, was alle sieben vor mir gemacht haben, turne ich als Erster, muss ich brutal vorlegen. Das heißt, ich muss alles geben. Ich kann nicht spekulieren."

sid: "Lautet die Formel also: Als Erster starten heißt der Maximalist Hambüchen, als Letzter starten heißt der Minimalist?"

Hambüchen: "Nein. Als Erster starten heißt Maximalist und als Letzter starten heißt Taktik. Auch wenn ich als Letzter turnen muss, gehe ich die ganze Zeit vom Maximum aus, aber ich werde mich dann im letzten Moment halt taktisch entscheiden müssen."

sid: "Aber Sie werden, wenn ein 7,2 reicht, nicht eine 7,3 turnen?"

Hambüchen: "Diese 7,2, die ich zum Beispiel bei der DM geturnt habe, die habe ich vorher noch nie geturnt. Ich bin vorher noch nie auf den Gedanken gekommen, dass es eine 7,2 gäbe. Das war Zufall, die kam durchs Improvisieren während der Übung. Das war ja nicht gewollt. Ich wollte ja eigentlich die 7,3 holen, aber das hing dann mit einer kleinen Drehung zusammen."

sid: "Haben Sie ein Gefühl, wo es für Sie eine Grenze gibt?"

Hambüchen: "Ja, mein Maximum wäre eine 7,7 oder eine 7,8. Das wäre drin, das ist aber auch sehr riskant. 7,5 habe ich im Training schon mal andeutungsweise hingekriegt. Das könnte ich auch im Notfall auch in Peking noch zücken, falls mir jemand jemand zu blöd kommt. In Notwehr, wenn es nicht anders geht. Aber das wird nicht passieren, das kann ich eigentlich so gut wie versprechen."

sid: "Das hört sich so an wie: Wenn ich keinen Fehler mache, kann ich eigentlich nur gewinnen."

Hambüchen: "Ich sag das ehrlich: Wenn ich da optimal durchkomme, müsste ich oben stehen. Es ist momentan so, dass es keinen gibt, der schwerer turnen könnte. Theoretisch gäbe es einen Holländer (Epke Zonderland, d. Red.), aber der hat seine neue Übung bislang noch nie durchbekommen. Wenn es also beim aktuellen Stand bleibt, dann kann ich eindeutig sagen: Wenn es optimal läuft und ich meine volle Übung am Reck hinkriege, dann dürfte da auch nichts passieren."

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