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Mainz: Interview mit Comedian Sven Hieronymus
"Mit Kloppo glücklich absteigen!"

Sven Hieronymus' Herz schlägt für Mainz 05 und Jürgen Klopp.
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Trainer Jürgen Klopp hat mit dem Supercup-Erfolg über den FC Bayern München und dem Triumph in Leverkusen erfolgreich in Dortmund debütiert. Was macht nun die spezielle Aura des "Brillenträgers des Jahres 2008" aus? Der Mainzer Kult-Fan und Stand-up Comedian Sven Hieronymus hat als Fan "Kloppos" Werdegang über Jahre hinweg verfolgt. Seine nicht immer ganz ernst gemeinten Ansichten schildert er Ralf Piorr im Gespräch.

Sven Hieronymus, können Sie mir das Phänomen Jürgen Klopp erklären?

Dazu muss ich weit ausholen. Jürgen Klopp ist, wie es sich in Mainz gehört, am Rosenmontag 2001 als Trainer installiert worden. Unser Team war in der Zweiten Bundesliga weit abgeschlagen und kämpfte wieder einmal gegen den Abstieg. "Kloppo" galt damals – als Verteidiger mit Kämpferherz aber eher limitierten technischen Fähigkeiten – bereits als Kultfigur und besaß einen eigenen Fanclub.

Im Ruhrgebiet ist diese Kombination ja sehr beliebt, bei uns in Mainz war das eher neu. Der Vorstand kürte ihn aus völliger Verzweifelung heraus zum Trainer, aber nicht, weil man von ihm so viel erwartete, sondern weil er gerade verletzt war. Prinzipiell ging es eher darum, dass die Mannschaft sich selbst trainieren sollte. Kloppo rettete die 05er und durfte schließlich als wirklich wahrer Trainer weiter arbeiten.

Das ist eher eine simple "Der Trainer als Feuerwehrmann-Geschichte". Woher kommt der Kult?

Der Kult um Klopp entstand aus den Mainzer Erfolgen und Niederlagen der folgenden Jahre. Plötzlich spielten wir an der Spitze mit, was es ja vorher noch nie gegeben hatte. Am letzten Spieltag verkacken wir den Aufstieg durch eine Schlappe bei Union Berlin. Wie er in diesem Moment mit der Niederlage umgegangen ist, das zeigte wahre Größe und brachte dem Verein viele Sympathien ein. Klopp erklärte, es gehe nicht darum, dass das letzte Spiel verloren gegangen sei, sondern dass man eine tolle Saison gespielt habe. Dieses regelrecht ehrenhafte Statement sorgte für Furore und plötzlich hat man in der Stadt gemerkt: "Hör mal, wir haben ja einen Fußballclub!"

Und es kam noch schlimmer!

Genau! Im Mai 2003 folgte der nächste herzzerreißende Nichtaufstieg, weil ausgerechnet die Frankfurter in der 93. und 94. Minute noch zwei Tore machten und am Ende mit einem Tor Vorsprung vor uns standen. Schlimmer kann man ja gar nicht mehr scheitern, wie wohl ein paar Schalker an dieser Stelle zustimmen werden. Und dann auch noch der Erzfeind! Als alle depressiv daniederlagen, stand Kloppo am nächsten Tag vor 25.000 Menschen auf dem Mainzer Marktplatz und sagte diese legendären Worte. Sinngemäß: "Ich habe mich gefragt, für was das gut sein soll? Und mir ist eingefallen, wofür es gut ist. Dass irgendjemand beschlossen hat, dass irgendwo gezeigt werden muss, dass man einmal, zweimal, vielleicht sogar dreimal hinfallen kann und immer wieder aufstehen muss. Und es gibt keine bessere Stadt dafür als Mainz!"

Alle haben geheult und gejubelt zugleich, und die Mainzer Fans wurden endgültig zu seinen ersten Jüngern, lange bevor er als eloquenter Fernsehbundestrainer mit Taktiktafel die ganze Nation verzaubern sollte.

Also ein Sieger aus der Niederlage heraus?

Er hat gezeigt, dass man eine Niederlage auch als Gewinn sehen kann und nicht unbedingt mit Gewalt und Frustration darauf reagieren muss. Wie er immer gesagt hat: "Ich kann doch nicht, wenn es am 34. Spieltag nicht geklappt hat, die 33 anderen Spieltage komplett in Frage stellen."

Das tragische Scheitern verlieh Mainz 05 auch eine gewisse Bekanntheit.

Wir waren der kleine Eisbär Knut, den alle nur knuddeln wollten. Zum Mitleid kam der Meenzer Stolz hinzu und plötzlich war der Verein Kult und das Stadion immer rappelvoll. Früher hieß es in Mainz: Du kannst in der Stadt als Unternehmer nichts werden, wenn du nicht bei der Fassenacht bist. Jetzt musst du Fassenacht und 05 mitmachen. Deswegen kriegen wir ja auch ein neues Stadion, weil im alten nicht genug VIP-Plätze vorhanden sind. Die anderen Zuschauer würde man immer noch problemlos unterkriegen. Aber Kritik am Stadionbau ist in Mainz ja fast Blasphemie.

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