Nach dem kleinen Seitenhieb in Richtung Zweckel, wird der 47-Jährige aber doch ernst – und wortgewaltig. „Als wir uns am Dienstagabend getroffen haben, zog ein Gewitter über Gladbeck auf. Und die Blitze zuckten am schlimmsten über dem Krusenkamp.“ Es hatte sich also mal wieder etwas über der DJK Germania zusammengebraut...
Die Initiative, die Landesliga-Planungen abzublasen, ging vom Vorsitzenden des Gesamtvereins aus. Rolf Schobert hatte zur Krisensitzung geladen und alle waren sie gekommen. Dass „alle“ in Gladbeck aber eben nur kümmerliche zwei sind, ist genau der Grund für den Rückzug. „Ich habe Franjo Vranjkovic und Mircea Onisemiuc mitgeteilt, dass es so keinen Sinn macht. Franjo hatte vor etwa drei Monaten ein Rundschreiben gestartet, um Leute für einen Engagement in der Fußballabteilung zu gewinnen. Es hatten auch einige zugesagt, aber das hat sich wieder mal nur als heiße Luft entpuppt. Und zu dritt ist das einfach nicht zu machen. Deshalb habe ich mich schweren Herzens zu diesem Schritt entschlossen“, erklärt der Germanen-„Boss“. Er weiß, dass seinen Klub auch noch „Image-Altlasten“ drücken: „Viele Dinge aus den früheren Jahren wirken sicher noch nach, das ist die Problematik. In der Vergangenheit wurde viel Schaden angerichtet.“
Vranjkovic vor der "Rolltreppe Germania"
Vranjkovic, der vor rund zwei Wochen noch via RS verlauten ließ, dass Germania die Kaderplanungen so gut wie abgeschlossen habe („aber wer auf Blutgeschmack im Mund steht, der ist herzlich willkommen“) stößt ins gleiche Horn: Es fehlen nicht die Kicker, sondern die Leute, die ihren Spielbetrieb organisieren. „Es war, als würde man vor einer Rolltreppe stehen, die runter fährt, die man aber hochrennen muss.“ Wer das mal im Kaufhaus ausprobiert hat, der weiß, dass so ein Kraftakt nur unter größten Anstregungen gelingt. Die wollte aber zumindest Schobert nicht einmal mehr auf sich nehmen, deshalb zogen die Germanen nun die Handbremse. Und sowohl Trainer Onisemiuc als auch Vranjkovic tragen die Entscheidung mit.
Mission gescheitert: Franjo Vranjkovic konnte Gladbeck nicht helfen (Foto: Joachim Hanke).
Letzterer muss sich aber zumindest fragen lassen, ob man die Alarmglocken nicht schon eher hätte schrillen hören müssen. „Ich bin ein Motivator und dachte, wir könnten es schaffen, die Leute zu begeistern. Aber das ist ein Problem meiner ‚Flower-Power‘-Generation. Wir haben zwar alles gevögelt, was nicht bei drei auf den Bäumen war, aber keiner nimmt seine soziale Verantwortung wahr. Die haben immer nur irgendwelche Ausreden parat, aber was zu meckern haben sie alle. Doch die Opas, die können irgendwann auch nicht mehr“, rechnet der Spielerberater mit dem Gladbecker Umfeld ab, in dem offenbar keiner so recht mit anpacken wollte. So gesehen ist der als „Macher“ angetretene gescheitert. Für Vranjkovic liegt das jedoch an vielerorts fehlender Identifikation mit dem Traditionsklub. „Als ich am Dienstagabend noch in die Gesichter einiger ‚alter Germanen‘ geblickt habe, waren zum ersten Mal richtige Emotionen hier zu spüren. Das war hier viel zu selten der Fall, in der Hinsicht sind wir ein ‚Scheißverein‘.“
Vranjkovics Bemühen, für neue Reizpunkte zu sorgen, ging nicht auf: „Ich habe zusammen mit dem Trainer absichtlich provoziert. So hat sich der Coach mal während des Trainings um die Kreidekarre und den Luftdruck der Bälle gekümmert. Aber wenn man feststellt, dass sich daran keiner stört und das alles nichts bringt, lässt man es irgendwann gut sein.“
Die "Mission Germania" ist gescheitert
Der Schlussstrich selbst stand dann offenbar unter dem Motto „lieber ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende.“ „Als Rolf, Mircea und ich uns schließlich die Hand gegeben haben, konnte man erst einmal spüren, was für eine Last von Herrn Schobert damit abfällt. Man muss auch mal bedenken, wie er in der Vergangenheit schon gelinkt worden ist. Deshalb bin ich auch der Meinung, dass die Entscheidung richtig war“, nickt der Kroate. Er kann sich schon über die persönliche Zukunft Gedanken machen: „Ich habe einen Job und eine Familie, mir geht es gut. Vielleicht gibt es ja irgendwo einen gutgestellten Klub, der sich sagt, so einen Idioten wie den Franjo können wir gebrauchen. Die können sich gern bei mir melden“, grinst Vranjkovic, der sich selbst als „Teamplayer“ bezeichnet. Sein Engagement für Germania Gladbeck ist also beendet - zumindest fast: „Unsere Pflicht ist es jetzt, dafür zu sorgen, dass die Spieler nicht auf der Straße landen. Da sind richtig gute Leute dabei – und sie sind ja alle frei“, kommt der Spielerberater in ihm durch.
Jenseits des Vranjkovic'schen Horizonts und der Gladbecker Stadtgrenze hat man derweil ganz andere Sorgen: Geht die Liga nun nur noch mit 14 Vereinen an den Start? Und viele Absteiger wird es geben? Die Antworten gibt Staffelleiter Helmut Engelage: „Der Spielplan bleibt so, wie er ist. Hätte man das alles geahnt, wäre sicher anders geplant worden. Aber die Entwicklung war ja so nicht abzusehen. Gladbeck steht als 15. als erster Absteiger fest. Es steigen insgesamt drei Mannschaften ab, also außerdem der 13. und 14.“, skizziert der Herner.
Schon bevor zum ersten Mal der Ball rollt, hat die Landesliga-Staffel 3 also für jede Menge Diskussionsstoff gesorgt. Erst war die „Dortmund-unfreundliche“ Einteilung Hauptthema der Beteiligten. Der folgende Tausch zwischen dem SV Zweckel und der SG Herten-Langenbochum ging indes recht geräuschlos über die Bühne. Dafür sorgte die Entscheidung am grünen Tisch, dass der Hombrucher SV nun doch noch in die Westfalenliga aufsteigt, für den nächsten Knalleffekt. Jetzt gab es einen weiteren Aufreger. Wahrscheinlich nicht den letzten.
Auf Seite 2: Interviews zum Rückzug mit Gladbecks Trainer Onisemiuc und dem 1. Vorsitzenden Rolf Schobert.