Wo ist er denn hin, fragen sich viele Spieler. Einer dieser Gönner, wegen deren finanzieller Alleinherrschaft ein Verein in den Konkurs gehen musste, war „Ötte“ Weisenstein.
1990 trat der Unternehmer den Vorsitz beim SV Rotthausen an, wo er in den 1960er Jahren im Sturm spielte. Der Traditionsclub aus dem Gelsenkirchener Süden schaffte dank der finanziellen Anstrengungen des Mäzens vier Aufstiege binnen sechs Jahren und kam 1995 in der Oberliga Westfalen an. Drei Saisons kickten die Schwarz-Gelben in der vierthöchsten Spielklasse, der Abstieg 1998 wurde mit der sofortigen Rückkehr in die Oberliga korrigiert. Mitten in der Serie 1999/2000 stieg Weisenstein, der seinen Rückzug vorher mehrfach angekündigt hatte, aus. Die Spieler suchten sich flugs neue Clubs, die Mannschaft trat zur Rückrunde nicht mehr an. Der 1912 gegründete Verein verschwand in den Geschichtsbüchern, unter dem Namen SSV Rotthausen 2000 starteten alte SVR‘ler in der Kreisliga C einen Neuanfang, 2004 fusionierte man mit dem FC Achternberg zum heutigen SSV/FCA Rotthausen und kickt in der Bezirksliga Staffel 13.
Der Aufstieg und Niedergang des SV Rotthausen ist beispielhaft für die Abhängigkeit von einzelnen Sponsoren. Andere Clubs, die wie Phönix aus der Asche aufstiegen und relativ schnell wieder in Staub aufgingen, sind im Revier Post Recklinghausen und der VfR Sölde.
Die Blau-Weißen aus dem Vest, bei denen der langjährige Bundesliga-Profi Martin Max das Tore schießen lernte, schafften es 1997 ebenfalls bis in die Oberliga Westfalen, allerdings dauerte der Aufstieg von der Kreisliga bis dorthin zwei Jahrzehnte. Zwei Jahre konnte man an der „Langen Wanne“, das Stadion war 1973 fertig gestellt worden, sogar Oberliga-Fußball bewundern, was leider nicht viele interessierte. Post spielte quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit: Der Oberliga-Schnitt lag gerade bei etwa 200 Zuschauern. Ein fast typisches Symptom für die gebrochene Recklinghäuser Fußball-Tradition.
Dem langsamen Aufstieg in die Oberliga folgte ein rasantes Ende. Zu Beginn der Saison 1999/2000 stellte sich heraus, dass sich der Verein übernommen hatte. Nach wenigen Wochen der Saison wurden die Recklinghäuser wegen des totalen Finanzkollapses aus der Wertung genommen. „Gewisse Abgaben wurden seinerzeit nicht an das Finanzamt geleistet und wir haben schließlich Insolvenz angemeldet und dies als erster und bisher einziger Verein in Deutschland mit dem alten Namen überstanden“, bemüht sich der heutige Präsident Niko Merteventzis wenigstens noch etwas Positives im großen Scheitern zu sehen. „Selbst nach der Insolvenz hatten wir noch 96.000 DM Schulden. Es fand sich niemand, der den Posten des ersten Vorsitzenden übernehmen wollte. Da habe ich den Job angetreten.“
Dieser Text stammt aus dem achtseitigen RS-Spezial aus der aktuellen Sonntags-Ausgabe des RevierSport.
Sölde von 1989-97 in der Oberliga, schrammte in der Saison 1991/92 unter Trainer Ingo Peter haarscharf sogar haarscharf am Aufstieg in die Zweite Bundesliga vorbei. Triebfeder und Geldgeber des rasanten Sölder Aufstiegs von der Bezirksklasse bis in die Oberliga war der selbständigen Geschäftsmann Rainer Röhr, der 1997 mit seinen Bemühungen am Limit angelangt war und den Geldhahn zudrehte. Der Begriff „berufliche Überlastung“ wurde genannt, was sicherlich nicht hundert Prozent seines Entschlusses ausmachte. Auf Nachfragen gestand Röhr ein: „Es gab andere Strömungen im Verein, wo es mir einfach keinen Spaß mehr gemacht hat.“
Im Dortmunder Südosten war der Traum vom hochklassigen Fußball jedenfalls schlagartig vorbei. Inzwischen kickt der VfR in der Kreisliga A, immerhin konnte dank der ehrenamtlichen Hilfe einiger VfR-Freunde die Auflösung des Clubs vermieden werden. Einer von ihnen ist Sascha Kallweit -als Spieler, Jugend-Trainer und Internet-Operator Multi-Funktionär im Verein. „Manchmal werden wir auf anderen Dortmunder Plätzen auch wegen unserer großen Vergangenheit verspottet. Wenn man mal oben gestanden hat, trifft einem nach dem Absturz halt die Häme, obwohl keiner von uns wirklich etwas mit dem alten VfR zu tun hatte. Aber so ist das nun mal im Fußball“, winkt Kallweit leicht resigniert ab.
„Machern“ wie „Ötte“ Weisenstein und Rainer Röhr ist sicher nicht vorzuwerfen, nicht alles für „ihren“ Verein getan und gewollt zu haben. Beide allerdings vermochten es nicht, gesunde Strukturen zu schaffen, die einen Crash aus den oberen Etagen des Amateur-Fußballs hätten abfedern können. Alles Geld wurde in die erste Mannschaft gesteckt, der Unterbau mit Jugend- und Reserveteams vernachlässigt. Heute fristen die genannten Vereine ihr bescheidenes Dasein in den Niederungen des Fußballs, Luftschlösser werden in Rotthausen, Recklinghausen und Sölde nicht gesichtet.