Das unscheinbare Haus im Dortmunder Süden wirkt verlassen: Sämtliche Rollläden sind heruntergelassen, auf der Auffahrt zur Garage sprießt das Unkraut. Der Bewohner ist hier schon länger nicht mehr aufgetaucht, Ousmane Dembélé hält sich im Ausland auf. Der 20-Jährige will Borussia Dortmund bekanntlich gerne verlassen und zum FC Barcelona wechseln.
Die Katalanen brauchen dringend frisches Personal, das zeigte das Rückspiel gegen Real Madrid im spanischen Supercup: Barcelona verlor mit 0:2, nachdem schon das Hinspiel 1:3 ausgegangen war – und war Madrid teils dramatisch unterlegen, obwohl der spanische Meister sogar ohne seinen gesperrten Superstar Cristiano Ronaldo antreten musste.
Überraschende Aussagen
Danach wollte Barcelonas Manager Pep Segura offenbar für Beruhigung im Klub und seinem Umfeld sorgen, als er verkündete: „Wir sind nah dran, sowohl Coutinho als auch Dembélé zu verpflichten.“ In Dortmund wurde dies mit Erstaunen aufgenommen: „Das ist etwas voreilig, und das ist noch nett formuliert“, sagte Sportdirektor Michael Zorc dieser Redaktion. „Es gibt keinen neuen Stand.“ Die Aussagen aus Barcelona seien „sehr verwunderlich“. Vor zehn Tagen hatten sich Vertreter beider Klubs am Düsseldorfer Flughafen getroffen und die Dortmunder ein Angebot abgelehnt, das sich inklusive Prämien auf knapp über 100 Millionen Euro belief. Seitdem gab es keinen Kontakt. „Barcelona ist dem Wunsch, Dembélés Transfer zu realisieren, bisher keinen Millimeter näher gekommen“, sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke dem Kicker.
Seguras Aussagen wurden in Dortmund als eigenwillige Form der Verhandlungsführung verstanden, in Barcelona will man offenbar den Druck erhöhen. Ähnliches versucht auch Dembélé, der seit gut einer Woche streikt und den Kontakt zum BVB verweigert. Doch in Dortmund will man sich nicht erpressen lassen, beharrt man auf einer Ablöse von bis zu 150 Millionen Euro – und gibt sich ansonsten unbeeindruckt. „Komplett ausblenden kann man dieses Thema natürlich nicht“, sagt Trainer Peter Bosz vor dem Ligastart beim VfL Wolfsburg am Samstag (15.30 Uhr/Sky). „Aber ich versuche, mich auf die Spieler zu konzentrieren, die da sind.“
Dass diese von dem Thema abgelenkt werden, glaubt der Trainer nicht – weil es die Mannschaft schon seit über einer Woche begleitet. „Als das gerade passiert war, war es schwieriger“, meint Bosz. „Jetzt wissen alle, dass Ousmane am Samstag nicht da sein wird, das macht es einfacher.“
Unverständnis bei den Kollegen
Auf Verständnis bei seinen Mitspielern darf Dembélé nicht hoffen: Er müsse begreifen, „dass kein Spieler größer als die Mannschaft ist“, sagte Abwehrchef Sokratis dem Kicker. „Jeder muss kapieren, dass er für die Mannschaft zu arbeiten und sich einzuordnen hat. Das gilt auch für Ousmane. Er kann nicht einfach machen, was er will.“ Auch andere Mitspieler machen hinter vorgehaltener Hand deutlich, wie sauer sie sind.
Gespannt verfolgen sie, wie es weitergeht – und auch bei Olympique Lyon beobachtet man genau, was in Dortmund passiert. Denn nach Informationen dieser Redaktion ist Maxwel Cornet als Dembélé-Ersatz auserkoren, der 20-Jährige würde auch gerne für den BVB spielen. Solange aber Dembélés Transfer nicht abgewickelt ist, muss der Flügelstürmer von der Elfenbeinküste abwarten.