Der Arbeitsgerichtsstreit zwischen Rot-Weiss Essen und seinem Ex-Sportvorstand Uwe Harttgen geht in die Verlängerung. Heute fand vor dem Landgericht Essen unter Vorsitz von Richter Klaus Krüger die Beweisaufnahme statt, zu der erstmalig auch der Kläger selbst nebst Münchner Anwalt Dr. Christian Quirling erschien. Das Urteil will Richter Krüger am 4. August verkünden.
„Wer wusste was zu welchem Zeitpunkt?“, war die Frage aller Fragen, zu der die Zeugen Erhellendes beitragen sollten. Es ging um einen ominösen Änderungsvertrag für Trainer Marc Fascher, dessen Kontrakt mit RWE sich bei Tabellenplatzierung eins bis fünf automatisch zum Saisonende verlängert hätte. Doch der Sportvorstand wollte bereits im Frühjahr diesen Passus streichen lassen und den Vertrag vorzeitig verlängern. „Ich wollte ein Signal an die Mannschaft setzen, quasi ein symbolischer Akt, es war die Zeit, wo auch die Spieler über ihre Zukunft in der kommenden Saison nachdenken mussten“, erläuterte Harttgen dem Gericht. Richter Krüger umtrieb vorher die offen geäußerte Frage: „Was will ich damit bezwecken?“
Darüber gibt es bei den beiden Parteien höchst unterschiedliche Meinungen. Ende Februar hatte Uwe Harttgen der Assistentin des Vorstandes, Claudia Gerig, den Änderungsvertrag in Auftrag gegeben. Vorstandskollege Welling und der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Hülsmann signalisierten laut Mail-Kontakt auch Bereitschaft, den Vertrag zu gegebenem Zeitpunkt zu verlängern. Hülsmann machte aber auch deutlich, dass der Vertragsentwurf erst noch die folgende Aufsichtsratssitzung am 10. März passieren müsse. Daraufhin wies Harttgen die Assistentin an, den (zu diesem Zeitpunkt bereits unterschriebenen) Vertrag in der Unterschriftenmappe unter Verschluss zu halten, „die Sache müsse noch durch den Aufsichtsrat gehen“.
Dienstbeflissen leistete Claudia Gerig, zu diesem Zeitpunkt erst knapp zwei Monate Assistentin der beiden Vorstandsherren, dem Folge und verschloss das Papier in ihrem Schrank.
Und dann kam es zu dem Punkt, den die Vereinsseite so in Rage brachte, was letztlich mit der fristlosen Kündigung ein vorläufiges Ende nahm: „Und dann wird im Aufsichtsrat eineinhalb Stunden heiß debattiert und letztlich entschieden, den Vertrag nicht vorzeitig zu verlängern – wobei schon längst das Papier unterschrieben war“, echauffierte sich RWE-Anwalt Dr. Thomas Hermes. Tags darauf informierte auch Harttgen die Herren Welling und Hülsmann über die „vollendete Tatsache“.
„Wie kann man dieses Risiko gehen?“, fragte Richter Krüger in den Saal N221. Claudia Gerig war übrigens Protokollführerin auf besagter Aufsichtsratssitzung und staunte insgeheim nicht schlecht über die Ablehnung, wusste sie doch zu diesem Zeitpunkt über den brisanten Inhalt in ihrem „Giftschrank“. „Ich habe Uwe Harttgen auch darauf angesprochen“. Die Reaktion? „Da war er irritiert.“ Harttgen war bis zuletzt von einer Zustimmung ausgegangen: „Ein klares Nein wäre ganz easy gewesen. Mir lag die sportliche Situation von Rot-Weiss am Herzen, ich habe mich immer seriös verhalten und nie alleine gehandelt.“
Wie seriös, darüber will Richter Krüger am 4. August um 11 Uhr sein Urteil verkünden.