„Ziel der Veranstaltung ist die Rückkehr zur Sachlichkeit“, sagte der Moderator der ersten Informationsveranstaltung vor den Schalker Aufsichtsratswahlen. Gute zwei Stunden später war in der Gelsenkirchener Flora deutlich geworden, dass dieses Ziel auf Schalke vor der Mitgliederversammlung am Sonntag kaum noch zu erreichen ist. Zu tief scheinen die Konflikte, Englert bemerkte richtigerweise, dass eine „Stimmung des Grabenkampfes“ entstanden sei. Wie präsentierten sich die Kandidaten? Was sind die größten Diskussionspunkte?
Peter Lange Der Mülheimer Peter Lange kandidiert bereits zum sechsten Mal für den Aufsichtsrat. „Ich gehöre nicht zu den Ja-Sagern im Aufsichtsrat“, erklärte der 60-Jährige – einige der rund 150 Zuhörer wollten dies aber nicht unbedingt glauben. Lange bemängelte, dass „das Glas auf Schalke immer halbleer sei“, er gibt außerdem zu bedenken: „Alle müssen sich fragen, ob sie alles für den Schalker Erfolg tun und sich an das Leitbild halten.“ Im Falle einer Wiederwahl will sich Lange dafür einsetzen, dass alle Fan-Organisationen wieder in einen Dialog treten.
Clemens Tönnies „Ich will Schalke weiter entwickeln“, unterstrich Clemens Tönnies. Der umstrittene Aufsichtsratsvorsitzende kennt die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben werden. „Früher habe ich fünf Mal am Tag in der Zeitung gestanden. Jetzt nur noch vier Mal im Jahr“, hielt Tönnies denjenigen entgegen, die seine Außendarstellung bemängeln. Allerdings sei er auch „wie eine Tarantel“, wenn er das Gefühl habe, Schalke komme vom richtigen Weg ab. „Sollten wir abgleiten, werde ich den Finger heben.“ Tönnies schreibt sich auf die Fahne, den Vorstand mit Experten wie Alexander Jobst (Marketing) und Christian Heidel (Sport) hervorragend besetzt zu haben und Schalke in den letzten 20 Jahren zu einem „verlässlichen Partner bei Wirtschaft, Sponsoren und Banken“ entwickelt zu haben.
Andreas Goßmann Andreas Goßmann durfte sich wohl als Punktsieger des Nachmittags fühlen. „Einfach nur ein ‚weiter so‘“ wird es mit mir nicht geben, untermauerte der Düsseldorfer. Viel habe er zuletzt über Sorgen gelesen. „Ich mache mir Sorgen über die Außendarstellung des Aufsichtsrates. Sportlich war es nicht wirklich gut. Der fünfte Platz war noch schmeichelhaft. Dass es im Aufsichtsrat klemmt, sieht man am Brief des Ehrenpräsidenten“, fasste Goßmann zusammen. „Das kann ich besser“, sagte er selbstbewusst. Im Falle seiner Wahl will er „die Vorstände nach vorne stellen“. Und vielen Mitgliedern sprach er aus der Seele, als er bemängelte, dass von den elf Aufsichtsratssitzen nur sechs von der Mitgliederversammlung gewählt werden – fünf Gremiumsmitglieder jedoch entsandt oder kooptiert werden. Michael Stallmann Stallmanns Auftritt war zurückhaltender als die seiner Vorredner. „Ich finde, dass unser Verein etwas aus der Erfolgsspur geraten ist“, meinte der gebürtige Gelsenkirchener. Er bemängelt, dass Schalke die Geschlossenheit zwischen Vorstand, Fans und Aufsichtsrat abhandengekommen sei. Seine Aufgabe sieht er deshalb darin, alle Schalker wieder unter einen Hut zu bringen. „Und das können wir auch“, appellierte er. Eine klare Kritik an Clemens Tönnies ließ er folgen: „Wer erst die Unruhe schürt und dann mit einem Machtwort für Ruhe sorgt, der darf das nicht als Erfolg bezeichnen.“ Sein starkes Schlusswort lautete: „Lasst uns den schlafenden Riesen Schalke 04 wieder wecken!“
Dauerthema SFCV Der Zustand des Schalker Fanclubverbandes bleibt ein königsblaues Dauerthema und wurde auch am Samstag diskutiert. „Personalien müssen sich ändern“, forderte Peter Lange. Er hält einen kompletten Neuaufbau des Fan-Dachverbandes für nötig und meinte vielsagend: „Die Selbstreinigungskräfte im Schalker Fanclubverband halten sich in Grenzen.“
Goßmann entkräftet Vorwürfe Unter anderem in den sozialen Medien kursieren Vorwürfe gegen den Kandidaten Andreas Goßmann, der sich in Düsseldorf in einer Bürgerinitiative für Flüchtlinge engagiert. „Der Kern der Initiative ist Integration statt Konzentration. Unser Ziel kann es nicht nur sein, Kriegsflüchtlingen Heimat und Schutz zu geben. Wir brauchen Integration“, erläuterte Goßmann und dürfte die Fragen zu diesem Thema glaubhaft entkräftet haben.
Eilausschuss und Wahl des Vorsitzenden Des Weiteren wurde lebhaft über die Sinnhaftigkeit des sportlichen Eilausschusses diskutiert. In den Zeiten der modernen Kommunikationsmittel wird dieser nicht nur von Goßmann als nicht mehr zeitgemäß empfunden. Der Anwärter spielt außerdem mit dem Gedanken, den Aufsichtsratsvorsitzenden nicht unmittelbar nach der Mitgliederversammlung wählen zu lassen, sondern erst nach tiefergehenden Beratschlagungen innerhalb des Gremiums.
Fazit Die Veranstaltung am Samstag war ein guter Vorgeschmack auf das, was in der nächsten Woche auf Schalke im Wahlkampf zu erwarten ist. Nächster Termin ist schon am Montagabend um 19.04 Uhr im Factory Hotel in Münster. Information zu den kommenden Veranstaltungen finden Sie hier.