RWE führte nach der Hinrunde die Tabelle in der Regionalliga West an und verstärkte seine Offensive mit dem 26-jährigen erfahrenen Drittligaspieler. Der Plan ging nicht auf - weder für RWE noch für Freiberger. Am Saisonende gingen die enttäuschten Parteien getrennte Wege. Bei den Sportfreunden Lotte blüht Freiberger wieder auf, hat sechs Tore in zehn Spielen erzielt und drei weitere Treffer aufgelegt. Am Sonntag (14 Uhr) gibt es ein Wiedersehen: Rot-Weiss gastiert am Lotter Kreuz. Vor dem Spiel sprachen wir mit dem gebürtigen Essener, der seit seinem 16. Lebensjahr in Ostwestfalen lebt.
Kevin Freiberger: Zehn Spiele, sechs Tore, drei Vorlagen - läuft! So würde man es in der heutigen Zeit wohl ausdrücken, oder? (lacht) Ja, es läuft bei mir. Wir sind ein starkes Team und pflegen auch außerhalb des Platzes Freundschaften. Ich war ja schon vor meiner Zeit in Essen und Osnabrück am Lotter Kreuz tätig. Hier passt es einfach. Irgendwie fühle ich mich hier wohl. Es freut mich natürlich sehr, dass ich der Mannschaft mit meinen Toren und Assists helfen kann. Denn wir verfolgen alle ein großes Ziel.
Alles andere als der Aufstieg wäre eine Enttäuschung... Lotte spielt seit Jahren oben mit und am Ende fehlte immer das Quäntchen Glück. Ich stand ja auch in der Mannschaft, die so knapp in der Relegation an RB Leipzig gescheitert ist. Hier tun die Leute wirklich sehr viel dafür, dass die Sportfreunde jedes Jahr eine gute Mannschaft ins Rennen schicken. Die Menschen hätten es mal verdient, belohnt zu werden.
Zumindest Fußball-Obmann Manfred Wilke scheint man nur schwer zufriedenzustellen. Jüngst sagte er gegenüber RS, dass er trotz der Ausbeute von 24 Punkten aus elf Spielen unzufrieden sei. Wie kommt das in der Mannschaft an? Wir können alle mit diesem Druck umgehen. Ich habe das gelesen und lege noch einen drauf: Herr Wilke sagt, dass uns die Punkte aus den Spielen gegen Erndtebrück und Velbert fehlen. Ich behaupte, dass wir auch gegen Dortmund II hätten gewinnen müssen. Dann wären wir jetzt bei 30 Zählern und das wäre alles andere als unverdient. Wir haben wirklich eine sehr gute Mannschaft, die viel erreichen kann. Wir sind alle Sportler, weil wir immer gewinnen wollen. In Lotte klappt das ganz gut. Deshalb bin ich auch froh, dass ich wieder bei den Sportfreunden bin.
RWE hat mich hingehalten. Der Sportliche Leiter Andreas Winkler hat mir Hoffnung auf einen Verbleib gemacht, aber mir hat das alles zu lange gedauert.
Kevin Freiberger
Dabei haben einige RWE-Fans sicherlich noch die Bilder in Erinnerung, wie ausgelassen Sie den Niederrheinpokal-Sieg gegen Oberhausen gefeiert haben. Wollten Sie nicht in Essen bleiben? Es sollte einfach nicht sein. Natürlich fiel es mir nicht leicht, so einen Verein wie Rot-Weiss Essen zu verlassen. Ich bin in der Stadt geboren und groß geworden. Seine Wurzeln vergisst man nie und für den größten Klub der Heimatstadt zu spielen, ist immer etwas Besonderes.
Warum hat es im Endeffekt mit einem Verbleib in Essen nicht geklappt? RWE hat mich hingehalten. Der Sportliche Leiter Andreas Winkler hat mir Hoffnung auf einen Verbleib gemacht, aber mir hat das alles zu lange gedauert. Er meinte immer wieder, dass man noch nicht wissen würde, wer der neue Trainer wird und welche Vorstellungen er haben wird. Lottes Coach Ismail Atalan hat sich stets um mich bemüht und wir waren schon lange im Kontakt. Er hat mir ein klares Konzept vorgelegt und mir gesagt, dass ich eine tragende Rolle in diesem spielen würde. Da musste ich nicht mehr lange überlegen. Im Fußball ist Vertrauen sehr wichtig.
Hat dieses vielleicht in Essen auch gefehlt? Das will ich so nicht sagen. Es lag zum Teil auch sicherlich an mir. Aber jeder weiß ja auch, was im ersten Halbjahr 2015 in Essen los war. Trainer Marc Fascher und Sportvorstand Uwe Harttgen standen schnell in der Kritik. Da ging es nicht nur um sportliche Dinge. Diese Nebengeräusche sind auch ein wenig Essens Fluch. So schön es auch ist, für diesen geilen Klub und seine Fans zu spielen. Aber plötzlich stimmte es aufgrund der ganzen Nebengeräusche nicht mehr und ich hatte das Gefühl, dass jeder nur an sich gedacht hat und der Held sein wollte. Letztendlich konnte ich mich aber mit dem Pokalsieg aus Essen verabschieden.
Essen hat neun Punkte Rückstand auf Lotte. Liegt der Druck vor dieser Partie bei RWE? Druck haben wir alle. Wir wollen immer gewinnen und oben dranbleiben, bestenfalls am aktuellen Tabellenführer Borussia Mönchengladbach II vorbeiziehen. Der Unterscheid zwischen Essen und Lotte ist nur der in Sachen Druck, dass bei RWE der Druck von Außen kommt, von den Fanmassen, was für so einen Klub auch eigentlich selbstverständlich ist. In Lotte machen wir uns den Druck selber als Mannschaft.