Erstellt man eine Liste mit Dingen, die Uwe Harttgen in seiner Zeit bei RWE richtig gemacht hat auf der linken und Fehlentscheidungen auf der rechten Seite, dann gibt es einige Dinge, die für den gebürtigen Bremer sprechen. Gerade in Sachen Spielerverpflichtungen – seine Hauptaufgabe – können ihm wenige Vorwürfe gemacht werden. Der Kader gehört zum Besten, was die Regionalliga zu bieten hat. Doch die Gegenseite, die Harttgens Verfehlungen aufzeigt, wird lang und länger. Jetzt steht dort sogar ein Punkt, der nicht entschuldbar ist.
Harttgen hat schon zu Beginn seiner Zeit in Essen klargestellt, dass er das Sagen im sportlichen Bereich haben will. Und sein Vorstandskollege Prof. Dr. Michael Welling war auch durchaus damit einverstanden, dass ein Ex-Profi mit einem großen Erfahrungsschatz diesen Bereich übernimmt. Dass Harttgen nun allerdings im Alleingang und ohne Einverständnis des Aufsichtsrates den Vertrag mit einem Trainer verlängert, von dem Fans, Sponsoren und auch hochrangige Vereinsmitarbeiter inzwischen alles andere als überzeugt sind, wird ihn wohl den Job kosten.
Harttgen steht vereinsintern schon länger in der Kritik. Seit er Anfang 2014 seinen Dienst angetreten hat, hat er den Verein umgekrempelt, die U23 abgeschafft, fast die komplette Mannschaft ausgetauscht. Vor allem die Art und Weise, wie er mit langjährigen Spielern und Mitarbeitern umgegangen ist, stieß vielen sauer auf. Einige kündigten sogar ihren Job oder verzichteten auf weitere ehrenamtliche Unterstützung von RWE, weil sie mit den Geschehnissen in ihrem Verein nicht einverstanden waren. Die familiäre Atmosphäre, die den Klub lange ausgezeichnet hatte, ging seit Harttgens Installation verloren. Viele Fans vermissten zudem die Nähe der Verantwortlichen zu den Anhängern. Harttgen gab sich wie auch der von ihm installierte Coach Fascher distanziert. Das besondere Umfeld von Rot-Weiss Essen schien ihm stets fremd zu sein.
Fachlich beging Harttgen im Winter den Fehler, bei der Verpflichtung eines Ersatzes für den gesperrten Cebio Soukou nicht auf die U23-Regel zu achten, weswegen die Winterneuzugänge Björn Kluft und Kevin Freiberger zum Teil nicht im Kader stehen konnten. Es war ein kleiner Fehler im Vergleich zum Alleingang, den er nun gewagt hat. Besonders pikant wirkt an der Vertragsverlängerung ohne Erlaubnis, dass Harttgen und Fascher auch noch den gleichen Berater haben.
Harttgen hat mit seinem Handeln die Konfrontation mit Welling, Aufsrichtsratschef Christian Hülsmann und Co. gesucht und kann aus diesem Streit eigentlich nur als Verlierer hervorgehen. Der bei seiner Vorstellung hochgelobte Sportvorstand ist nicht mehr tragbar.