In der Stadt, in der sonst das Malochen so selbstverständlich ist, wie das Amen in der Kirche, traben die Spieler nur über den Fußballplatz.
Es war das Thema der letzten Woche: der Schalker Fitnesszustand. Neben Kapitän Benedikt Höwedes, der von „fehlender körperlicher Frische“ sprach, bemängelte auch Manager Horst Heldt den aktuellen Zustand der Mannschaft: „Man hat gesehen, dass wir mit dem einen oder anderen Problem zu kämpfen haben und einige Spieler platt sind. Einigen fehlte die Power, nach 60, 70 Minuten haben sie die Hände auf den Knien abgestützt.“
Doch stimmt das wirklich? Schalke hat den Anspruch Champions Leaguezu spielen. Vergleicht man nun die abgespulten Kilometer der CL- Teilnehmer miteinander, fällt auf: Niemand ist in dieser Saison mehr gelaufen als S04 (1286,36km). Bayern München einmal außen vor gelassen: Der amtierende Deutsche Meister lässt lieber Ball und Gegner laufen, anstatt selber Wege zu machen. Aber weder Bayer Leverkusen (1255,52 km) noch Borussia Dortmund (1221,76 km) kommen an die Daten der Königsblauen heran. Deshalb ist es auch müßig nach einem Unterschied zwischen der Laufleistung unter Jens Keller und unter Roberto Di Matteo zu suchen. Unter dem Ex-Trainer lief die Mannschaft im Schnitt 116 km, unter dem neuen Chefcoach insignifikante zwei Kilometer mehr.
Eine andere Statistik sollte den Schalker Verantwortlichen deutlich mehr Sorgen bereiten. Lediglich Aufsteiger Köln und, mit Verlaub, Abstiegskandidat Freiburg sind in dieser Saison in weniger Sprints gegangen als S04. Angeführt wird die Statistik von der Konkurrenz um das internationale Geschäft aus Leverkusen, Dortmund und Wolfsburg. Ist dies also das große Manko, dass es im königsblauen Dress Spieler gibt, die bei Sprints nicht mitziehen? Ist es also doch ein Einstellungsproblem? Mittelfeldmotor Roman Neustädter, der mit 108,1 km auf Platz zwei des internen Laufrankings hinter Dauerläufer Eric Maxim Choupo-Moting steht, sieht dies ähnlich: „Ich denke nicht, dass in der Vorbereitung zu wenig für die Fitness gemacht wurde. Ich fühle mich fit und dann ist das auch einfach eine Kopfsache. Wenn man sich einredet man ist nicht fit, dann ist man das auch nicht“. Und auch Kevin-Prince Boateng bestätigte dies gegenüber Sport Bild: „Wir sind Profis. Jeder müsste wissen, was zu tun ist.“
Schalke scheint Ball und Gegner nur hinterherzulaufen. Da kommt es nicht von ungefähr, dass Höwedes nach dem Spiel gegen Freiburg – in dem die Knappen mit zurückgelegten 123,54 km einen vereinsinternen Saisonrekord aufstellten – die Charakterfrage stellte. Denn bezeichnend ist: Beim Beusch im Breisgau zogen die Knappen nur 184 Sprints an. Keine Mannschaft sprintete am 11. Spieltag weniger.
Aber auch Trainer Di Matteo scheint das Problem erkannt zu haben. So ließ er das Team unter der Woche viele Sprints laufen. Die Frage, wie schnell die Mannschaft dies verinnerlicht, drängt sich selbstverständlich auf. Spätestens nach der Winterpause muss allerdings eine Besserung eintreten.
Die Top 3-Dauerläufer bei Schalke: 1. Choupo-Moting 115,02 km in 947 Spielminuten 2. Neustädter 108,10 km in 885 Spielminuten 3. Huntelaar 103,62 km in 829 Spielminuten