Außerdem verrät er, warum er die Knappen weiterhin in Schlagdistanz zum Revierrivalen BVB sieht.
Herr Heldt, Sie haben in einem Interview einmal gesagt, Schalke stresse, aber positiv. Wie sehr stresst Schalke denn? Die Aussage sollte beinhalten, dass Schalke eben ein ganz besonderer Verein ist. Sie war eher bewundernd gemeint. Inzwischen bin ich längst ein Teil des Vereins geworden. Ich identifiziere mich mit dem Weg, den wir gehen. Und ich bin nicht umsonst Mitglied bei Schalke 04 geworden. Das habe ich noch bei keinem anderen Verein gemacht, weder als Spieler noch als Funktionär.
Fühlen Sie sich als Schalker? Ich fühle mich als Schalker. Und das hört ja bekanntlich auch nicht mehr auf. Aber ich bin mir meiner Verantwortung auch sehr bewusst, die ich hier habe. Wir haben mehrere Visionen. Ein Ziel ist die Entschuldung des Vereins. Dieses Ziel werden wir auch erreichen, da bin ich fest von überzeugt. Das zweite Ziel ist, die Infrastruktur zeitgemäß zu gestalten. Wir brauchen mehr Trainingsplätze, wir brauchen das eigene Stadion für den Nachwuchs. Auch das werden wir schon bald in Angriff nehmen. Und gleichzeitig wollen wir den nächsten Schritt im sportlichen Bereich gehen.
Andere Vereine rüsten finanziell weiter mächtig auf. Wann sehen Sie den Zeitpunkt gekommen, auch auf Schalke andere Geldquellen zu erschließen, um konkurrenzfähig zu bleiben? Es wird nicht leichter, wenn der BVB oder andere Vereine von Sponsoren oder Geldgebern mit neuen Millionenbeträgen ausgestattet werden. Andere Vereine mit anderen Rechtsformen haben andere Möglichkeiten und nutzen die auch. Das ist legitim. Aber wir gehen unseren Weg. Wir sind ein eingetragener Verein und wir wollen ein eingetragener Verein bleiben. Aber natürlich beinhaltet das ebenso, dass der ohnehin schon schmale Grat noch schmaler wird und mitunter kein Drahtseil mehr, sondern nur noch ein Bindfaden ist. Die Gefahr besteht, dass uns diese Vereine künftig bei dem einen oder anderen Spieler überbieten oder einfach schneller agieren können, als wir.
Viele Fans befürchten, dass der BVB für die Knappen nach der Finanzspritze von Evonik bald nur noch mit dem Fernrohr zu erkennen ist. Das glaube ich nicht. Ich sehe die Bayern noch immer in einer eigenen Liga. Danach tummeln sich mit Dortmund, Leverkusen, Wolfsburg, Gladbach und uns Mannschaften, die um die anderen Champions-League-Plätze kämpfen. Wir werden nicht auf eine Ebene mit Bayern kommen. Aber mit den anderen Vereinen, auch dem BVB, können wir weiterhin konkurrieren. Auch sie müssen immer wieder gute Spieler abgeben. Und wenn die Bayern mal schwächeln, müssen wir da sein.
Haben Sie bei den Neuzugängen deshalb auf noch mehr Flexibilität im Kader gesetzt? Ich bin davon überzeugt, dass das die richtige Strategie ist. Dass wir eine leistungsfähige Mannschaft haben, hat das Team im vergangenen Jahr bewiesen. Und wir haben keinen Leistungsträger abgegeben. Aber wir haben drei Wettbewerbe, in denen wir weiter konkurrenzfähig sein müssen. Wenn du dich in Abhängigkeit weniger Spieler begibst, kannst du Probleme bekommen. Deshalb haben wir sowohl vom Personal als auch vom System her darauf geachtet, dass wir künftig breiter aufgestellt sind. Zusammen mit den aus Verletzungspausen zurückkehrenden Spielern wie Dennis Aogo und Jan Kirchhoff sind wir gut aufgestellt.
Eine Abkehr von Spielertypen wie Kevin-Prince Boateng? Nein, die Mischung macht es. Dass wir Kevin-Prince im vergangenen Jahr geholt haben, hat der Mannschaft gut getan. Er hat einen großen Anteil an unserem Erfolg. Und nur daran messe ich ihn. Er ist jemand, der auch Verantwortung außerhalb des Platzes übernimmt und diese Rolle hat er ganz hervorragend ausgefüllt. Er hat diese Führungsqualitäten, zu erkennen, wann auch mal Präsenz gefragt ist. Spielerisch, das ist richtig, hatte er in der letzten Saison neben herausragenden Partien auch Einsätze dabei, in denen er nicht das riesige Potenzial abgerufen hat, das in ihm steckt. Da erwarte ich mehr. Natürlich erwarte ich auch von ihm, dass er diese Führungsrolle wieder einnimmt. Aber das erwarte ich auch von Spielern wie Benedikt Höwedes, Klaas-Jan Huntelaar, Julian Draxler oder Ralf Fährmann.
Viele Experten sehen noch Handlungsbedarf auf der rechten Abwehrseite. Hier hat in der Vergangenheit außer Atsuto Uchida eigentlich niemand so richtig überzeugt. Das sehe ich nicht so. Bis zum Ende der Transferperiode kann sich noch einiges bewegen. Wir haben unseren Plan, aber der hängt auch immer davon ab, was auf der Abgabeseite noch passiert. Wir hätten auf fast jeder Position noch eine Alternative in der Hinterhand, falls uns jemand verlässt. Aber auf dieser Position werden wir nichts mehr tun. Mit Kaan Ayhan hat sich hier eine Alternative aufgetan, die so auf dieser Position nicht unbedingt zu erwarten war. Außerdem haben wir mit Pascal Itter und Marvin Friedrich weitere junge Leute, denen wir auch eine Chance geben wollen. Und Marco Höger hat das ebenfalls nicht schlecht gemacht.
Was haben Sie sich für die neuen Saison vorgenommen? Wir haben dreimal hintereinander die Champions League erreicht. Das ist auch in der neuen Saison unser Ziel. Trotzdem oder gerade deshalb muss man sich wieder neue Ziele setzen, auch wenn sie ambitioniert sind. Wir wollen einen Schritt weiter gehen. Ich will den Verein, in der Zeit, in der ich hier tätig bin, weiterentwickeln. Ob das jetzt ständige Champions-League-Teilnahmen sind, oder ob das mal eine Meisterschaft oder ein Pokalsieg ist, das wird sich zeigen. Wir sagen ja nicht, dass wir der Favorit auf die Deutsche Meisterschaft sind. Das sind die Bayern, und das werden sie immer sein. Das heißt aber nicht, dass wir uns dieses Ziel nicht setzen können. Sonst gibt man sich zu schnell zufrieden mit dem, was man erreicht hat.
Töne, wie man sie in den letzten Jahren nur aus Dortmund gewohnt war. Man muss immer versuchen, das Maximale zu erreichen. Und hier darf man gerne unseren Nachbarn zitieren. Es gibt einen Satz von Jürgen Klopp dazu, der trifft es genau. Er hat mal gesagt, dass er davon überzeugt ist, dass man nicht weiter kommt, wenn die Angst vor einem Misserfolg größer ist, als die Lust aufs Gewinnen. Das bringt es auf den Punkt. Diese Siegermentalität müssen wir bei Schalke entwickeln.