Wenn sie am Montag ihren 65. Geburtstag im engen Familienkreis feiern, dann selbstverständlich gemeinsam.
Wo genau, das steht noch nicht fest, vielleicht treffen sie sich in der Mitte. Während Erwin Kremers in Haan bei Düsseldorf wohnt, lebt sein zehn Minuten jüngerer Bruder in Kirchhellen. „Wir werden schon etwas finden, wir wollen gemütlich zusammen essen gehen“, verrät Helmut Kremers.
Obwohl vom Charakter verschieden, haben sich die Wege der Zwillinge nie wirklich getrennt. Den üblichen Konkurrenzkampf unter Brüdern, wenn der eine besser sein will als der andere, kennen sie nicht. „Wir haben uns immer geholfen und unterstützt“, betont Erwin Kremers und stellt klar: „Es ist ein Segen, einen Zwillingsbruder zu haben.“
„Ein Freund sagte, es sei das Größte, für Schalke zu spielen. Er hatte Recht!“
Mit 22 Jahren folgten sie dem Ruf des FC Schalke, nachdem sie von ihrem Heimatverein Borussia Mönchengladbach 1969 gemeinsam für zwei Jahre zu den damals ebenfalls erstklassig spielenden Kickers aus Offenbach gewechselt waren und dort Pokalsieger wurden. Obwohl die halbe Bundesliga hinter den Zwillingen her war, entschieden sie sich aus einem guten Grund für Schalke. „Ein gemeinsamer Freund hat uns so von seinem Verein vorgeschwärmt. Er sagte, es sei das Größte überhaupt, für Schalke zu spielen – und er hatte Recht“, erklärte Erwin Kremers einst in einem Interview mit dem „Schalker Kreisel“.
Gleich in der ersten Saison in Gelsenkirchen wurden die Zwillinge in einer fantastischen Schalker Elf mit Norbert Nigbur im Tor, Klaus „Tanne“ Fichtel in der Abwehr und Klaus Fischer als Mittelstürmer fast Deutscher Meister und gewannen den DFB-Pokal. „Ich halte es noch heute für die größte Katastrophe, dass wir damals nicht Meister geworden sind. Das ist die größte Enttäuschung meines Lebens. Diese Mannschaft hätte es verdient gehabt“, meint Erwin Kremers.
Der Schatten des Bundesliga-Skandals Doch über Schalke lag schon der Schatten des Bundesliga-Skandals, in dessen Folge die halbe Mannschaft gesperrt wurde. Am 17. April 1971 verlor Schalke absichtlich sein Heimspiel gegen die abstiegsbedrohte Arminia aus Bielefeld, die Spieler kassierten 40.000 DM, lächerliche 2,300 Mark pro Nase.
Die Kremers-Zwillingen waren da noch in Offenbach, die Auswirkungen der verschobenen Partie aber spürten sie noch lange. „Da herrschte teilweise schon eine bedrückende Atmosphäre in der Kabine, die Jungs waren total verunsichert, sie wussten ja nicht einmal, ob sie noch weiter Fußball spielen dürften“, erinnert sich Helmut Kremers.
Während Spieler wie Fischer, Fichtel, Libuda, Lütkebohmert und Rüßmann vor Gericht schworen, kein Geld genommen zu haben und so den „FC Meineid 04“ begründeten, spielte Erwin Kremers 1972 bei der EM in Belgien in der wohl besten deutschen Nationalmannschaft aller Zeiten.
Seine Teilnahme bei der WM in Deutschland allerdings vermasselte sich der Linksaußen selbst. Am letzten Spieltag der Saison 1973/74 bettelte Erwin Kremers um eine Rote Karte – und wurde von Bundestrainer Helmut Schön nicht nominiert. „Mein Pech war, dass Helmut an diesem Tag verletzt war und nicht auf dem Platz stand. Er hätte mich geschützt. Wir spielten in Kaiserslautern und da wurdest du als Stürmer von der ersten bis zur letzten Minute getreten“, berichtet Erwin Kremers. „Als der Schiedsrichter kurz vor Schluss nach einem klaren Foul an mir gegen mich pfiff, bin ich ausgerastet und habe ihn eine blöde Sau genannt. Er hat mir erst den Gefallen getan und weggehört, aber ich habe wiederholt: ‘Und noch ein mal für Doofe: Sie sind eine blöde Sau!‘ Da musste er mich vom Platz schmeißen.“
Im Gegensatz zu Erwin wurde sein Bruder, der Verteidiger, für die WM nominiert, wurde aber im DFB-Team nicht glücklich. „Ich war immer ein freiheitsliebender Mensch und fühlte mich im Trainingslager in Malente eingesperrt. Da bin ich eines Nachts ausgebüchst, doch als ich zurückkam, hat mich Co-Trainer Jupp Derwall erwischt. Ab dem Zeitpunkt hatte sich die WM für mich erledigt. Ich habe keine Minute gespielt und fühle mich auch nicht als Weltmeister“, berichtet Helmut Kremers.
Mit Schalke kratzten beide 1976/77 noch einmal an der Meisterschaft, scheiterten aber erneut knapp an Bayern München. Während Erwin Kremers bereits mit 28 Jahren seine aktive Laufbahn wegen eines Muskelrisses beenden musste, spielte sein Bruder nach dem Weggang von Schalke zunächst eine Saison bei Rot-Weiss Essen, ehe er das Abenteuer US-Soccer-League bei den Calgary Boomers in Kanada suchte.
Singende Popstars Mit ihren blonden Haaren waren die Kremers-Zwillinge der Schwarm vieler Mädchen und kickende Popstars. 1974 nahmen sie als „Die Kremers“ den Schlager „Das Mädchen meiner Träume“ auf und erreichten Platz 44 der deutschen Charts.
Nach der aktiven Laufbahn verlief der Werdegang der Zwillinge unterschiedlich. Helmut wurde auf Schalke Trainer, Manager und sogar Präsident, Erwin zog sich vom Fußball zurück und wurde Geschäftsführer einer Kinderbekleidungsfirma in Gelsenkirchen. Heute ist er Privatier und engagiert sich als Präsident des „Schalker Golfkreises“ für soziale Zwecke.
Helmut steckt als Geschäftsführer der K&K GmbH für Projektentwicklung nach wie vor mitten im Berufsleben. Im Dezember 2011 trat er als Kandidat für das Präsidentenamt beim MSV Duisburg an, gewählt wurde allerdings Andreas Rüttgers. Erwin Kremers strebte im Juni 2009 einen Posten im Schalker Aufsichtsrat an, erhielt aber nicht genügend Stimmen von den Mitgliedern.
Bei den Spielen der Königsblauen sind sie nur gelegentlich zu Gast. „Es ist schön, wenn wir uns mit den früheren Mitspielern wie Klaus Fischer oder Klaus Fichtel in der Arena treffen. Das ist wie eine Familie“, sagt Erwin Kremers, schränkt aber ein: „Jedes Wochenende brauche ich das nicht, die Leute im Stadion regen sich zu sehr auf, dabei gibt es doch viel Wichtigeres als Fußball.“ Heiko Buschmann
Die legendäre Jahreshauptversammlung Am 12. September 1993 wurde Helmut Kremers zum Schalker Präsidenten gewählt. Die Mitglieder feierten ihn für den Satz: „Für Dortmund haben wir uns zu meiner Zeit nicht umgezogen!“