Nicht wenige der knapp 1000 Besucher des Bezirksliga-Spitzenspiels am Niederrhein zwischen TuS Essen-West 81 und dem SC 1920 Oberhausen rieben sich verwundert die Augen. „Was hat dieser Spieler in der Bezirksliga verloren?“, schüttelten einige Besucher ungläubig mit dem Kopf. Die Rede war von Ümit Ertural, dem Kapitän und Torjäger der Oberhausener. Der gebürtige Türke steuerte zwei Treffer zum 4:4-Unentschieden an der Keplerstraße bei, darunter ein sensationelles Freistoßtor in der 95. Minute, das seine Mannschaft weiter im Aufstiegsrennen hielt.
Drei Spiele unter Jörn Andersen
Seine Vorstellung ließ unschwer erkennen, dass Ertural einst ein ambitionierterer Werdegang bevorstand. Vor acht Jahren schien es tatsächlich so, als könnte er den dauerhaften Sprung in den Profifußball schaffen. Bei Rot-Weiß Oberhausen absolvierte Ertural unter Jörn Andersen drei Spiele in der 2. Bundesliga. Ein Kreuzbandriss im Spiel beim VfL Osnabrück bedeutete jedoch das Ende seiner Profi-Karriere. „Danach waren wir alle fix und fertig. Wir dachten, dass es für ihn ganz weit nach vorne gehen wird“, sagt sein heutiger Trainer beim SC 1920, Thorsten Möllmann.
Der Edeltechniker ist der Schwiegersohn des exzentrischen Spielclub-Trainers. Nach einem Intermezzo beim damaligen Oberligisten Adler Osterfeld folgte er schließlich dessen Lockruf und geht seitdem für den Amateurklub von der Knappenstraße auf Torejagd. Ertural kümmert sich nun primär um seine Familie und den Beruf. Der 28-Jährige betreibt in Oberhausen ein Sonnenstudio und zwei Lebensmittelgeschäfte.
"Er will die Liga interessant machen"
Auch wenn sein sportlicher Ehrgeiz nicht verlorengegangen ist, hat er seinen Profitraum aufgegeben. „Das kommt für mich nicht mehr in Frage. Ich bin froh, wenn ich von Sonntag zu Sonntag fit werde. Deshalb bin ich auf höherklassige Angebote zuletzt nicht mehr eingegangen“, erklärt Ertural. Für seinen Schwiegervater besteht jedoch kein Zweifel daran, dass der offensive Mittelfeldspieler noch das Zeug dazu hätte, in einer deutlich höheren Spielklasse zu bestehen. Möllmann lehnt sich sogar so weit aus dem Fenster, dass er Ertural als „besten Spieler in ganz Oberhausen – inklusive RWO“ bezeichnet.
Der Ex-Profi hat allerdings genug in seiner bisherigen Laufbahn erlebt, um diese These realistisch einordnen zu können. „Ich kenne ja meinen Schwiegervater, er möchte mit seinen Aussagen die Liga interessant machen. Damit haben wir Spieler kein großes Problem. Ich konzentriere mich darauf, der Mannschaft mit meinen Qualitäten zum Aufstieg zu verhelfen. Das wäre schon eine tolle Geschichte für mich und den Verein“, versichert Ertural.