Erschöpft trabt Sven Michel vom Rasen der SLR-Arena. Die Gladbacher Fans applaudieren, Trainer Lucien Favre klatscht seinen Stürmer an der Außenlinie ab. 78 Minuten dauerte Michels Debüt bei den „Großen“ – es war der bisherige Höhepunkt in der Karriere des 22-Jährigen. „Es war ganz okay“, gab sich Michel nach dem Testspiel gegen den MSV Duisburg bescheiden und selbstkritisch. „Manche Situationen hätte ich etwas besser ausspielen können, aber die Laufwege passen durch die wenigen Trainingseinheiten natürlich noch nicht.“ Auch Lucien Favre, Trainer der Gladbacher Bundesliga-Mannschaft, war mit dem ersten Einsatz des Nachwuchsstürmers zufrieden: „Er kann eine Option sein.“
Ein rasanter Aufstieg für den Linksfuß: Vor drei Jahren spielte Michel noch für den SuS Niederschelden in der Landesliga. Im Sommer 2010 ging es zu den Sportfreunden Siegen II. Michel schoss in der ersten Saison direkt 15 Tore und empfahl sich für die erste Mannschaft. Auf elf Treffer in der NRW-Liga 2011/12 folgte in der Hinrunde dieser Saison dann der Durchbruch: 14 Tore in 20 Spielen für die Sportfreunde und im Dezember das Angebot der Borussia.
100.000 Euro überwies Gladbach nach Siegen. Ein Schnäppchen. Mit den Profis ins Wintertrainingslager fuhr Michel allerdings nicht. Er sollte sich erst einmal bei der Zweiten Mannschaft eingewöhnen. Und das gelang: Im ersten Spiel gegen den VfB Hüls schoss er das entscheidende 3:2, im zweiten Spiel gegen Bayer Leverkusen II erzielte Michel das Siegtor zum 1:0.
Abschauen von Mike Hanke
Ein Treffer beim Testspiel gegen Duisburg gelang ihm zwar nicht, trotzdem hat der Abstecher zu den Profis Lust gemacht auf mehr. „Es ist ein viel höheres Tempo als in der Regionalliga, ein komplett anderes Spiel. Aber ich nehme einiges mit“, sagte Michel über die ersten Trainingseinheiten. „Vor allem von einem erfahrenen Mann wie Mike Hanke kann ich mir viel abschauen.“ Ob am Niederrhein der Durchbruch gelingt, hängt natürlich vom Trainer ab. „Polyvalent“ – also variabel einsetzbar – müssen Favres Spieler sein. Von seinen Grundfähigkeiten ist Michel gut aufgestellt: Er ist wendig, ein spielender Stürmer und er trifft wie er will. Mit links, rechts und dem Kopf.
Zunächst gilt seine volle Konzentration aber wieder der zweiten Mannschaft. „Ich will dort weiter meine Tore erzielen“, gibt Michel sein Ziel bis Saisonende aus. Auf eine genaue Anzahl legt er sich aber nicht fest. Lediglich eins ist klar: „Wir dürfen nur nicht wieder unten rein rutschen.“
Interessant wird es dann im Sommer. „Ich werde kurzfristig erfahren, wohin es geht. Aber es war von Anfang an mein Ziel, in der ersten Mannschaft zu spielen“, blickt Michel optimistisch in die Zukunft. In der Saisonvorbereitung muss er Favre dann zeigen, dass er mehr als nur eine Option sein kann.