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RWE-Faninitiative
Kulturgutschützer kämpfen

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RWE-Faninitiative: Kulturgutschützer kämpfen weiter

Jörg Lawrenz hat sich sein Ansinnen ans Revert geheftet. Das ist durchaus wörtlich zu verstehen. Ein kleiner Pin am Kragen seines Sakkos outet ihn als Schützer.

Kulturgutschützer eigentlich, so jedenfalls die Sprachregelung, mit der Rot-Weiss Essen sich nach dem Beinahe-K.o. im Sommer 2010 dem Erhalt der eigenen Tradition verschrieben hat. Seit nunmehr rund eineinhalb Jahren wirbt er als Mitbegründer und Sprachrohr einer Faninitiative für den Erhalt der Haupttribüne des Georg-Melches-Stadions. Ein ambitioniertes Unterfangen. Wahrscheinlich sogar zum Scheitern verurteilt, fürchteten selbst Verfechter der Idee von Beginn an. Inzwischen hat die Initiative GMS („Gemeinsam mehr schaffen“) es sogar schriftlich. Ihr Antrag auf Denkmalschutz für die Tribüne wurde abgeschmettert.

Neben Zweifeln erfuhren Lawrenz und seine Mitstreiter von Beginn an Zurückweisung und offene Konter. Das alles hält ihn nicht davon ab, zu jeder Gelegenheit Zeit, Herzblut und Fleiß in das Projekt zu investieren, das er sich zur Aufgabe gemacht hat. Das CDU-Mitglied zitiert Johannes Rau. „Wer glaubt, das ganze Leben bestehe nur aus Marktbeziehungen, der kennt letztlich von allem den Preis und von nichts mehr den Wert.“ Für diese Werte macht er sich stark, die den RWE nicht nur seiner Auffassung nach zu dem gemacht haben, was er heute ist – ein Traditionsverein. Seit rund eineinhalb Jahren macht er dies nun, das lässt sich noch beziffern. Seine Kosten, seine Mühen – kaum zu benennen.


„Könnte es so eine Postkarte heute noch geben?“, fragt Lawrenz und gibt damit die Antwort selbst. „Liebe St. Pauli-Fans, wenn euch euer Verein inzwischen zu kommerziell ist, dann... nur der RWE!“ Eine der ersten Wegmarken der Ära Michael Welling. Im Hintergrund sind auf der Karte VIP-Räumlichkeiten abgebildet, die nun doch frappierend an die im neuen Essener Stadion erinnern. Anders als bei den Karten, die an Schalke- Bayern- oder Oberhausen-Fans adressiert sind, ist diese augenzwinkernde Kurznachricht mit einer Fußnote versehen. „Sozialromantiker Willkommen“, heißt es da. Wer Wellings Verhältnis zum Kiezklub kennt, kann erahnen, womit er hier kokettiert und warum. RWE als wahres Refugium des reinen, wahren aber selten schönen Fußballs.


Die letzte Bastion des vielbesungen rotzigen Charmes, lange Zeit mit das einzig Identitätsstiftende, auf das sich die Fans des Viertligisten berufen konnten, könnte jedoch alsbald verschwinden. RWE muss derzeit tagtäglich die mitunter schwer frustrierende Erfahrung machen muss, lediglich Gast im neuen Stadion zu sein. Der Wahrheit die Ehre: Eine Wand im Eingangsbereich konnte der Ankermieter nach langem Kampf für sich herrausschlagen, ein Spruchband über der Haupttribüne, rote Sitze. Allenthalben rot-weisse Sprengsel.

Im Kern jedoch hat sich Rot-Weiss in einer Zweckimmobilie eingerichtet. Dieser erfüllt sich prächtig, kommt auch vergleichsweise schmuck, in der vierten Liga gar prunkvoll daher. Den Spirit, den etwa die Vereinsgaststätte im Georg-Melches-Stadion versprüht hat, vermisst nicht nur Lawrenz. Geht es um die Hoffnung, das Gemäuer vor der Abrissbirne zu bewahren, muss sich Lawrenz schon auf seinen christlichen Glauben berufen.

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