Mehr als 8000 Zuschauer wollten Konstantin Sawin nach seinem Last-Minute-Kopfballtor zum 2:1 am liebsten herzen. Dabei war scheinbar ganz leicht: "Das ist einfach Instinkt. Ich glaube, jeder ist auf den Ball gegangen, aber ich habe ihn gekriegt und reingemacht." Den anschließenden Jubel mit Salto rückwärts und den ausdrücklichen Hinweis auf seine Rückennummer ließ er sich dennoch nicht nehmen. Ein Plädoyer für mehr Einsatzzeit? "Ja klar! Welcher Spieler möchte nicht von Anfang an spielen?"
Kevin Grund hat humpelte sichtlich mitgenommen in die Kabine. Ein Bild mit Symbolkraft, hatte RWE doch wieder viel für den Erfolg zu investieren. "Wie in den anderen Spielen zuvor auch schon", meinte Grund. "Köln war eine richtig starke Mannschaft. Die haben uns alles abverlangt, aber am Ende haben wir einen verdienten Sieg herausgeholt. Unsere Standards sind gut, dabei sind wir gefährlich. Sicher haben wir spielerisch noch Luft nach oben, aber wir sind erst am Anfang und lernen noch. Solange wir dabei gewinnen, ist doch alles gut."
Den Grundstein für den späteren Erfolg legte Marvin Ellmann mit seinem Tor zum 1:0. Dennoch fragte Trainer Waldemar Wrobel seinen Stürmer vor versammelter Presse scherzhaft: "Herr Ellmann, warum haben Sie den entscheidenden Zweikampf vor dem 1:1 verloren?" Der Angreifer antwortete schuldbewusst: "Das war ein Missverständnis zwischen mir und dem Capitano. Er hat gesagt: 'lass klatschen!', ich habe mich darauf verlasse und habe den Ball blind gespielt. Das war natürlich mein Fehler. Da muss ich den Kopf noch mal hoch nehmen. So habe ich ein Tor für uns gemacht und eins für Köln, doch Konstantin hat ja dann zum Glück noch zum 2:1 getroffen. Sonst wäre es trotz meines Tores ein trauriger Abend für mich geworden." Dass sich die Essener gerade vor der Pause schwer getan haben, räumte auch Ellmann ein: "Wir kämpfen, machen und tun und trainieren jeden Tag, um besser zu werden. Wir trainieren ja auch Standards, so ist es nicht und momentan klappt das eben alles. Was am Ende zählt, sind die drei Punkte. Bis auf das DFB-Pokalspiel sind wir zuhause noch ungeschlagen und so wollen wir natürlich weitermachen."
Kölns Trainer Dirk Lottner rang nach dem Last-Minute-Gegentreffer um Worte, fand dann aber genau die richtigen. Meinte zumindest Waldemar Wrobel, der die Ausführungen seines Vorredners anschließend noch mal unterstrich. Lottner nämlich bemerkte: "Dieses Spiel vor so einer Kulisse ist für uns schon praktisch das Saisonhighlight. Das ist wie bei Bayern München. Da freut sich auch jeder drauf und hängt sich besonders rein." Da er das auch bei seiner Mannschaft erkennen konnte, wollte der Kölner Coach seinem Team trotz aller Enttäuschung "keinen Vorwurf machen. Ich Kopfballspiel haben wir nunmal Defizite, weil wir körperlich unterlegen sind. Dass wir in der 90. Minute verlieren, ist dennoch sehr enttäuschend und passt in unsere momentane Situation."
Ganz so wie die drei Last-Minute-Punkte zur Situation der Essener passen. RWE ist drauf und dran, das Stadion Essen zur Festung auszubauen. Drei Heimspiele, neun Punkte - eine Bilanz, die das Zeug dazu hat, kommende Gegner schon von vorab einzuschüchtern. Mehr noch: Wrobel erkennt bei seinen Jungs auch eine erfreuliche Entwicklung. "Ich denke, dass wir gegen einen sehr starken Gegner ein gutes Spiel angeboten haben. Meiner Meinung nach das beste der drei Heimspiele. Wir hatten mehr Ballbesitz, mehr Chancen und konnten das Spiel sehr weit in die Hälfte der Kölner verlagern. Wenn es nach dem 1:1 blöd läuft, könnten wir auch das 1:2 bekommen. Insgesamt denke ich dennoch, dass der Sieg in der letzten Minute natürlich glücklich zustande gekommen, letztlich aber nicht unverdient ist."