Eine Handvoll junger Männer, leidlich beschurzt mit um die Hüfte geschwungenen Badetüchtern lehnte am weiß verputzten Gemäuer im Interieur des an diesem Nachmittag heillos überdimensionierten Fritz-Walter-Stadions. Die sparsamen Blicke fixierten ein Flachbild-TV, es lief ganz offensichtlich nicht gut für den FCK. Die großen Jungs machten es auch nicht besser als zuvor die Jungprofis. Der SC Freiburg führte mit 2:0 gegen die Roten Teufel. Es war kein guter Fußballtag für die Pfälzer. Die Schützlinge von Alois Schwartz hatten dabei wohl selbst noch nicht so ganz verdaut, wie ihnen soeben geschehen war.
Eine Stunde lang deutete herzlich wenig darauf hin, dass RWE an die zuletzt so starken Auftritte anknüpfen könnte. Mögliche Alibis lagen bereits griffbereit. Lukas Lenz hatte das zweifelhafte Vergnügen, mit einer Magen-Darm-Grippe das Bett zu teilen, der vergrippte Vincent Wagner musste am Vorabend in Quarantäne und mit einem Einzelzimmer vornehmen. Der Innenverteidiger biss aber ebenso auf die Zähne wie Stefan Grummel, der erst am Donnerstag wieder ins Training eingestiegen war. Markus Heppke fehlte überdies ohnehin.
Man konnte angesichts dieser Probleme beinahe Verständnis dafür aufbringen, dass die Darbietung der Gäste lange Zeit wenig ambitioniert daherkam. Dies schein auch den Pfälzern zu schmecken, die bereitwillig einschlugen und 45 Minuten lang gemeinsame Sache machten. Bei akuter Schlaflosigkeit seien Aufnahmen dieser Halbzeit wärmstens empfohlen. Ein 0:0 der besonders langweiligen Sorte. Das mussten selbst die Trainer zugeben. Waldemar Wrobel gestand: "Das war von beiden Seiten kein gutes Spiel." Alois Schwartz befand: "Das 0:0 ging in Ordnung." Viel anders konnte es ja auch nicht kommen, da beide Mannschaften sich beinahe konsequent weigerten, aufs Tor zu schießen. Kerim Avci (29.) verzeichnete mit einem strammen Distanzschuss die einzige Halbchance der ersten Hälfte.
Erst ein Eckball, der nach übereinstimmender Aussage mehrerer RWE-Akteure "gar keiner war", machte aus diesem lahmen Kick ein schließlich gar nicht so schlechtes Fußballspiel. Giuliano Modica traf zum 1:0 (47.) und brachte seine Mannschaft ungewollt auf die Verliererstraße, indem er die taktischen Fesseln sprengte, mit denen selbst Houdini seine Mühe gehabt seine liebe Not gehabt hätte. Erst so eröffneten sich die Räume, von denen RWE schlussendlich profitierte.
Dass die Gäste sich die neue Freiheit gegen nun etwas zu lässige Pfälzer mit einem beeindruckenden und geduldig heraufbeschworenen Schlussspurt zu Nutze machten, ist Zeugnis neu erworbenen und ganz offensichtlich gerechtfertigten Zutrauens in die eigene Klasse. Gestatten, der reifste RWE dieser Saison! Timo Brauer verwandelte einen Foulelfmeter (69., Willi Orban an Güngör Kaya) in ein Tor und plötzlich war nicht nur der Spielstand anders. "Bis dahin hat uns alles in die Karten gespielt. Danach hätte uns RWE sogar abschießen können", bilanzierte Schwartz. Tatsächlich. Die Gäste beließen es jedoch trotz weiterer Möglichkeiten beim trocken abgestaubten Siegtreffer durch Kevin Grund (74.).
Während die geknickten Lauterer Spieler sich auf leisen Badeschlappen in die Kabine trotteten, konnte Wrobel entspannt in sein Smartphone tippen. Mutmaßlich, um seine Mannschaft via Facebook "im Zielkorridor" zu markieren. "Platz neun hatten wir uns vorgenommen, dort stehen wir jetzt auch und wenn ich mir die Mannschaften anschaue, die so vor uns stehen, kann ich damit leben", betonte der 42-Jährige. Mehr noch war der Coach von der Art und Weise dieses 2:1-Erfolgs angetan und schwärmte: "Ich bin stolz auf meine Mannschaft." Das geschieht so offenherzig nicht alle Tage. Doch Wrobel hatte lange auf eine Vorstellung dieser Art gewartet. "Solche Dinger hätten wir vor ein paar Monaten noch nicht gewonnen. Ich bin stolz darauf, dass wir auch solche dreckigen Spiele gewinnen können." Zwar waren die zwischenzeitlichen Unzulänglichkeiten nicht vergessen, sicher aber verziehen.
Wie zum Beweis machte der RWE-Tross bei der nächsten McDonalds-Filiale Station. Der eigentlich bestelle Lieferdienst hatte die Essener im Stich gelassen. "Wenn wir nicht gewonnen hätten, wäre das wohl nicht drin gewesen. Eigentlich sieht der Trainer das nicht gerne", erklärte Mannschaftsbetreuer Marcel Müller. Doch Wrobel war in Geberlaune. Schließlich ging die Rechnung auf Kassenwart Müller.