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BVB: Julian Koch
"Zeit ist für mich kein Faktor mehr"

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BVB: Julian Koch über seine lange Leidenszeit

Fast ein Jahr ist es her, dass sich Julian Koch, damals auf Leihbasis beim Zweitligisten MSV Duisburg, beim Spiel in Oberhausen schwer verletzte.

Aufgrund eines Kompartmentsyndroms drohte ihm sogar kurzzeitig die Amputation seines Beins. Doch der Blondschopf hat sich zurückgekämpft. Im Trainingslager des BVB konnte er erstmals wieder seine Fußballschuhe anziehen. Im Interview mit dem RevierSport erzählt er von seiner schweren Zeit im Krankenhaus, seinen sieben Operationen, wie er seine Freundin kennenlernte und von seinem großen Traum.

Julian Koch, im Trainingslager in La Manga konnte ich einmal beobachten, wie Sie pfeifend durch das Foyer des Mannschaftshotels schlenderten, von allen Dortmundern schienen Sie den glücklichsten Eindruck zu machen. Das kann schon sein. Ich bin richtig glücklich, dass ich im Trainingslager dabei sein durfte. Ich hatte in den letzten Monaten keinen richtigen Rückschlag, bisher sieht das alles richtig gut aus. Ich fühle mich toll.


Sie sind fast ein Jahr lang ausgefallen. Hat Sie diese lange Verletzungspause verändert? Auf jeden Fall. In den letzten Monaten hat sich sehr viel für mich geändert, auch ich als Mensch habe mich geändert. Vor allem habe ich sehr viel gelernt in den letzten Monaten. Sehr viel gelernt über das Leben? Natürlich auch. Es gibt verschiedene Bereiche, über die ich etwas gelernt habe. Was Freunde betrifft zum Beispiel, auf wen ich zählen und mich verlassen kann. Auch über meinen eigenen Körper habe ich viel gelernt. Der wichtigste Aspekt aber war Geduld. Anfangs hatte ich noch überzogene Erwartungen, dachte alles würde schneller gehen und habe dann unter den Rückschlägen sehr gelitten. Wenn wieder eine OP verschoben wurde beispielsweise. Geduld war in den letzten Monaten das A und O für mich.


Sicher eine neue Erfahrung für Sie.

Stimmt, ich kannte das eigentlich gar nicht. Ich wollte immer sehr schnell sehr viel. Da waren die letzten Monate auf jeden Fall sehr lehrreich. Ich gehe jetzt alles entspannter an. Zeit ist für mich kein Faktor mehr.

Wie oft mussten Sie denn schließlich operiert werden?

Insgesamt neunmal innerhalb des letzten Jahres. Siebenmal in den ersten 14 Tagen, einmal im Mai und Ende Juli ein letztes Mal.

Gab es in dieser Zeit keinen Punkt, an dem Sie einfach keinen Bock mehr hatten? An dem Sie vielleicht dachten, das war es jetzt mit meiner Karriere? Doch natürlich, vor allem in den ersten vier Wochen im Krankenhaus. Ich durfte nur auf dem Rücken liegen, durfte mich nicht einmal auf die Seite drehen, konnte mich nicht bewegen. Das war das Schlimmste, was ich bislang erlebt habe. So ans Bett gekettet zu sein, das war schon richtig fies.


Begonnen hatte das alles mit dem Spiel in Oberhausen, als Sie sich im Zweikampf mit Dimitrios Pappas so schwer verletzten. Hat er sich anschließend eigentlich bei Ihnen gemeldet? Nein, bislang noch nicht. Nur Theo Schneider, der damalige Trainer von RWO hat sich bei mir gemeldet. Sind Sie von diesem Verhalten enttäuscht? Der hat meine Nummer ja gar nicht (lacht). Sagen wir mal so: ich will nicht über andere Leute sprechen.

Wie ging es unmittelbar nach der Verletzung weiter? Das Spiel war am Freitagabend, nach ersten Untersuchungen hatten wir abgemacht, dass ich am Samstagnachmittag zu einer Kernspin-Untersuchung wiederkommen sollte. Doch am Samstag bin ich schon um sechs Uhr morgens aufgewacht, weil ich so schlimme Schmerzen hatte, hab die Schiene abgemacht und hatte schon ein richtig dickes Knie, wie ein Mega-Ballon sah das aus. Ich wollte eigentlich trotzdem noch nicht sofort ins Krankenhaus, aber mein Vater hat dann Dr. Braun angerufen, der in München war, aber dennoch die richtige Ferndiagnose gestellt hat. Er hat sofort zu meinem Vater gesagt, dass es sich so anhört, als hätte ich ein Kompartmentsyndrom, er könne sich das aber nicht vorstellen, weil das so selten sei. Gott sei Dank war die Diagnose richtig. Meinem Vater und Dr. Braun verdanke ich wirklich einiges


Hätten die beiden nicht so schnell reagiert, dann hätte sogar eine Amputation des Beins gedroht?

Das war wirklich so. Wäre ich erst zu dem Termin am Nachmittag gegangen, dann wäre das Bein womöglich ab gewesen.

Ich kann mir vorstellen, dass Sie nach diesen Erfahrungen nur gesund werden möchten und sich keine Zeitpläne mehr aufstellen. Na ja, ein kleines Ziel habe ich schon. Ich möchte Ende Februar wieder ins Mannschaftstraining einsteigen. Wenn es aber ein oder zwei Wochen später wird, ist das auch nicht so tragisch.

Wer hat Ihnen in all der Zeit Kraft gegeben? In erster Linie meine Familie, auf die ich mich komplett verlassen konnte, die immer bei mir war. Außerdem habe ich überragende Freunde. Und meine Freundin, die ich im Krankenhaus kennengelernt habe.

Sie hat dort gearbeitet? Ja, als Krankenschwester. Sie war einen Tag auf meiner Station und wir haben kurz miteinander gesprochen, mehr war aber nicht. Ein Freund von mir hat ihr dann heimlich einen Brief geschrieben und meinen Namen drunter gesetzt. Tja, und dann nahm das seinen Lauf, wofür ich auch sehr dankbar bin.


Haben Sie in dieser Zeit auch persönliche Enttäuschungen erlebt?

Ja, sogar sehr große. Aber genauer möchte ich darauf nicht eingehen.

Wie geht es denn jetzt für Sie weiter. Haben Sie einen großen Traum? Ich mache jeden Tag neue Übungen, habe gerade zum ersten Mal seit elf Monaten Fußballschuhe getragen, was toll war. Ich hoffe jetzt, dass ich unverletzt bleibe, dann will ich mit der Mannschaft trainieren, bei den Amateuren Spielpraxis sammeln und wenn ich dann bei den Profis noch ein Spiel machen könnte in dieser Saison wäre ich überglücklich, weil ich wüsste, dass wirklich alles endgültig abgeschlossen ist.

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