Thomas Strunz ist ein Tausendsassa: Ex-Profi, Ex-Manager, Gesellschafter der Spielerberatungsagentur TS Sports, TV-Experte und nun auch noch gemeinsam mit Thomas Helmer und Mario Basler Nachfolger von Udo Lattek beim Doppelpass. Wir sprachen mit Strunz über seine neue Rolle.
Thomas Strunz, wie fühlt man sich als neuer Udo Lattek?
Udo ist eine Institution, die nicht zu ersetzen ist. Ich werde nicht den Fehler machen, zu glauben, dass ich der neue Lattek wäre. Ich habe sicherlich andere Fähigkeiten und werde die auch ins Spiel bringen, ohne ihn zu kopieren.
Was werden Sie konkret anders machen?
Thomas Helmer, Mario Basler und ich sind eine andere Generation als er. Wir sind sicherlich näher am Puls der Zeit und haben eher ein Verständnis für die Vereine und Spieler, die jetzt aktiv sind. Wie kam es zu dem Engagement beim Doppelpass?
Nachdem klar war, dass Udo sich verabschiedet, hat sich Sport1 mit mir zusammengesetzt. Wir haben festgestellt, dass unsere Vorstellungen gut zusammenpassen. Das ist natürlich auch eine Bestätigung meiner Arbeit, die ich bisher für den Sender gemacht habe.
Werden Sie bei Ihrer neuen Tätigkeit Stammtisch-Parolen raushauen müssen?
Nein, Polemik ist nicht angesagt. Bei der LIGA total! Spieltaganalyse bin ich natürlich sehr sachlich, während der Doppelpass eher emotional geprägt ist. Das ist eine andere Arbeit, ganz klar. Aber ich sehe für mich keine unüberwindbare Hürde, das in der Kombination gut auszuführen.
Sie werden am kommenden Sonntag der erste sein, der Lattek ersetzt...
Überhaupt einer seiner Nachfolger zu sein, ist etwas besonderes und eine gewisse Ehre. Ich nehme diese Herausforderung gerne an. Mir ist wichtig, dass ich mich mit dem Thema Fußball beschäftige. Die Randerscheinungen nehme ich zur Kenntnis, aber mir geht es um den Sport. Ich will den Fußball bewerten und nicht darüber diskutieren, ob ein Spieler nun rote oder grüne Schuhe trägt oder ob er seine Haare färbt. Ich habe das früher alles selbst gemacht, daher weiß ich, wie wichtig es ist: Völlig unwichtig nämlich.
Sie sind zugleich als Spielerberater tätig. Ist diese Kombination nicht problematisch?
Nein, das ist sogar eine hilfreiche Konstellation. Als früherer Verantwortlicher in Wolfsburg und Essen kann ich das Verhalten der Vereine oft besser nachvollziehen, und natürlich weiß ich, wie die Spieler denken.
Haben Sie nicht Gewissenskonflikte, wenn es um die Analyse Ihrer eigenen Spieler geht?
Nein. Mir ist durchaus bewusst, wie wichtig das Fernsehen in Sachen Marktpositionierung ist. Aber mir geht es weder darum, jemanden zu schützen, noch ihn in die Pfanne zu hauen. Es geht einzig und allein um die Sache. Bisher war das nie ein Problem.
Der damalige Bochumer Interimstrainer Darius Wosz hatte Ihre Kritik mit dem Hinweis abgeblockt, dass Sie RWE heruntergewirtschaftet hätten...
Ich hatte eine Meinung zu einem Spiel, und ich bleibe auch bei der Aussage. Wenn Dariusz damit ein Problem hat, dann ist es seins. Ich glaube nicht, dass ein Außenstehender bewerten kann, wie die Arbeit bei Rot-Weiss Essen abgelaufen ist. Ich weiß, was gewesen ist, daher trifft mich das nicht. Ich bewerte ja auch nicht die Qualität seiner Jugendarbeit oder seines Trainings. Ich bleibe lieber sachlich.
Haben Sie die Ambition, noch einmal in den Profifußball zurückzukehren?
Ich bin doch schon da. Im Fernsehen bewege ich mich auf dem höchsten Niveau des Profifußballs, und auch einige der Spieler, die ich betreue, sind schon in der Bundesliga gelandet.
Und was ist mit einem Vereinsengagement?
Die Frage stellt sich für mich aktuell nicht. Das macht aufgrund der vorherrschenden Konstellationen auch keinen erstrebenswerten Eindruck auf mich.
Lattek hat an 786 Doppelpass-Sendungen teilgenommen. Welche Zahl haben Sie sich vorgenommen?
Wenn ich das auch schaffen würde, wäre ich zufrieden. Aber man muss erstmal abwarten, wie sich das Ganze entwickelt.