Es war ein Spiel der scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten – im Guten wie im Schlechten. Mit einem Sieg gegen die kriselnde TSG aus Hoffenheim hätte sich der BVB auf Rang drei und damit auf den Qualifikationsplatz für die Champions League schieben können. Bei einer Niederlage wären andererseits die Konkurrenten um die Europa League wieder einen Schritt näher herangekommen. Dass das Spiel mit einem 1:1 (0:0)-Unentschieden endete, war daher weder Fisch noch Fleisch, weder schwarz noch weiß – und doch aus Dortmunder Sicht ziemlich niederschmetternd.
Schlimmer als das eigentliche Ergebnis, das sich nicht nur für Sven Bender wie eine „gefühlte Niederlage“ anfühlte, waren die Begleitumstände: Mit Mohamed Zidan (Verdacht auf Kreuzbandriss, 27.) und Nuri Sahin (Nasenbeinbruch, 19.) zwei verletzte Stammspieler, eine nicht gegebene Rote Karte gegen Hoffenheims Luiz Gustavo (Tätlichkeit gegen Nelson Valdez, 30.), ein nicht gegebenes Tor durch Lucas Barrios (48.) und der Last-Minute-Ausgleich durch ein halbes Eigentor von Mats Hummels (88.). Wenn es Tage gibt, an denen (fast) alles falsch läuft, dann hatte der BVB so einen am Sonntag erwischt.
„Eigentlich war alles dazu angerichtet, das Spiel zu verlieren“, bemerkte Dortmunds Coach Jürgen Klopp nach dem Spiel mit saurer Miene, „und doch wären wir ein hochverdienter Sieger gewesen. Der Punkt fühlt sich deshalb total ungerecht an. Entsprechend war die Stimmung in der Kabine.“
Während die Hoffenheimer den Punktgewinn nach Spielschluss frenetisch feierten, drangen aus der BVB-Kabine dumpfe Geräusche nach draußen. Scheinbar im Kollektiv mussten die Borussen den Frust an den Wänden und Tischen in der Umkleide ablassen – eine Reaktion, die nach den vorangegangenen 90 Minuten nur zu verständlich war.
Auch Hoffenheims Coach Ralf Ragnick musste anerkennen, dass das Remis aus Sicht der Kraichgauer durchaus glücklich war, zugleich war er jedoch spürbar erleichtert: „Die Mannschaft hat die Reaktion gezeigt, die wir nach der letzten Woche erwartet haben. Sie hat bis zum Schluss alles versucht, den Ausgleich zu machen. Natürlich ist immer Glück dabei, wenn man zwei Minuten vor dem Ende zum Ausgleich kommt. Dennoch war das Ergebnis nicht unverdient.“
Dabei verschwieg er, dass sich sein Team nahezu über die gesamte Distanz des Spiels ausschließlich auf die Defensive konzentriert und nur einige wenige Male selbst den Vorwärtsgang eingelegt hatte. Vom Offensivwirbel, der die Ragnick-Truppe noch im Vorjahr ausgezeichnet hatte, war angesichts der schwersten Krise der noch jungen Bundesliga-Geschichte des Klubs nichts zu spüren. „Der Gegner stand sehr tief“, analysierte Klopp: „Wir mussten uns deshalb jeden kleinen Vorteil brutal erarbeiten. Das war sehr schwer, vor allem aufgrund der frühen Verletzungen.“
Bereits nach nicht einmal 30 Spielminuten hatten sich zuvor die Pläne des 42-Jährigen in Luft aufgelöst. Mit Sahin und Zidan musste das „Herzstück“ des Teams, wie es BVB-Sportdirektor Michael Zorc anschließend bezeichnete, bereits früh vom Platz. Herein kamen mit Tamas Hajnal und Nelson Valdez zwei Spieler, die völlig andere Spielertypen verkörpern. Und doch ging der BVB in Front: Zunächst nur vermeidlich, weil Stark Barrios‘ regulären Treffer nicht anerkannte, dann auch faktisch, als Valdez per Kopf Timo Hildebrand überwand (55.).
Weil die Dortmunder jedoch nach der Führung nicht energisch genug auf das zweite Tor drängten, Hajnal einen schweren Fehler in der Spieleröffnung unterlief und die Fehlentscheidungen von Stark schwer wiegten, reichte es am Ende nur zu einem Remis.
„Glück bringen sieht anders aus“, übte sich Klopp in Sarkasmus, als er nach der Partie auf die Leistung Starks angesprochen wurde. Denn eben jener Stark hatte in den letzten beiden Jahren bereits zweimal (gegen Hannover und gegen Schalke) bei Dortmunder Treffern falsch gelegen. Dennoch suchte er die Schuld für den verpassten Sprung auf Rang drei nicht beim Fifa-Referee: „Wir sind kritisch genug. Wir wissen, dass wir den Ausgleich trotzdem nicht hätten kassieren müssen.“