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SG Schönebeck: Wißing
Die „Bühne“ Pokalfinale lockt

SGS: Wißing über Renommeé, Wirtschaftlichkeit und Herz

Willi Wißing, Geschäftsführer beim Frauen-Bundesligisten SG Schönebeck, war knapp ein Jahr nicht zu Gast beim Business- und Medientreff „reden mit essen“.

Am Dienstag, 23. Februar, sah man ihn wieder bei intensiven Networking-Aktivitäten an vielen verschiedenen Tischen im Foyer des Colosseum Theaters. Kein Wunder, sein Club hat am Samstag, 3. April, die Chance, durch einen Halbfinal Erfolg bei Carl-Zeiss Jena (14 Uhr, "Ernst-Abbe-Sportfeld") ins DFB-Pokalendspiel einzuziehen (Samstag, 15. Mai, 16 Uhr, „RheinEnergieStadion“ in Köln). Außerdem werfen zwei Ereignisse, die in Deutschland stattfinden, ihre Schatten weit voraus: die WM der Frauen (26. Juni bis 17. Juli 2011) und als „Generalprobe“ die U20-WM der Frauen (13. Juli bis zum 1. August 2010 – Endrundenauslosung der 16 teilnehmenden Nationen am 22. April). Grund genug, uns mit Wißing zu unterhalten.

Am 3. April spielt Ihr Club das DFB-Pokalhalbfinale bei Carl-Zeiss Jena – zählen Sie die Tage?

Wir fiebern dem Match entgegen. Das könnte das Highlight für den Essener Frauenfußball werden, wir könnten im Rampenlicht stehen. Das ist sicherlich dann auch bedeutungsvoll für die Stadt Essen.

Registriert die Stadt, welche Chance die SGS momentan hat?

Jeder wünscht uns Glück, viele kündigen an, uns als Fans zu begleiten. Ich gehe davon aus, wir haben bis zu 300 Anhänger dabei. Das wäre eine super Geschichte, das sind schließlich einige Kilometer.

Essen kennt das Reizthema „neues Stadion“. Auch die SG Schönebeck wird als zusätzlicher Benutzer immer wieder genannt – nur von der SGS hört man öffentlich dazu nichts.

Wir haben schon einen Einblick in das Vorhaben, ich befinde mich aktuell auch wegen anderer Projekte in ständigem Austausch mit der Stadt und der Politik. Ich versuche, in allen entsprechenden Gremien die Wichtigkeit der Arena nicht nur für Rot-Weiss Essen, sondern auch für uns darzustellen. Unsere aktuelle Spielstätte am „Stoppenberger Hallo“ ist zwar sehr schön, aber es gibt dort nur eine Tribüne, der Rest der Leute steht im Regen. Die Zuschauerkapazität ist für uns zu gering. In einem neuen Stadion hätten wir auch regelmäßig 3000 Zuschauer.

Wie existentiell ist das Erreichen des DFB-Pokal-Endspiel für die Wirtschaftlichkeit der SGS?

In diesem Jahr hat der DFB eine andere Honorierung für die einzelnen Phasen des Pokals, so dass im Finale jetzt nicht mehr die hohe Summe zur Debatte steht,

…aktuell gibt es 40.000 Euro für den Zweiten, 60.000 Euro für den Sieger … sondern man tastete sich langsam heran. Wir planen wirtschaftlich nicht mit dem Endspiel, das wäre ein Zubrot. Wir könnten natürlich entspannter in die nächste Spielzeit gehen, weil wir dann ein Polster hätten.

Die rein sportliche Entwicklung verlief in der aktuellen Spielzeit eher dürftig – wo liegt die größte Schwierigkeit bei der SGS? Wir entwickeln uns in jedem Jahr weiter. Ich lasse mich auch gerne weiter für den Satz prügeln: Wir haben die spielstärkste Mannschaft, die wir je hatten. Das Problem der Hinrunde war, wir mussten den Ausfall nahezu aller Abwehrspielerinnen verkraften, Mädels spielten auf Positionen, auf die sie gar nicht gehörten. In der Rückrunde kommen die Erfolge, weil Mädels wieder dabei sind.

Wie ist das Renommeé des Frauenfußballs in der Stadt?

Wir werden immer mehr wahr genommen, auch im Bereich der Politik haben wir ein ganz gutes Standing. Die Problematik heißt Wirtschaftskrise, auch wir leiden darunter, weil der Mittelstand betroffen ist, der uns unterstützt. Wir freuen uns, wenn wir den aktuellen Stand bewahren können. Ein Geldregen eines Pokalendspiels ist unter diesen Umständen natürlich umso wichtiger.

An der ersten Chance, Spielort für die Frauen-WM 2011 in Deutschland zu werden, ging Essen vorbei, weil es nicht zum Bau eines neuen Stadions kam. Wie kann man die WM trotzdem für die Metropole nutzen?

Sehr schade, dass wir nicht Spielort wurden, es wäre toll geworden, weil die SGS neben dem FCR Duisburg der einzige Revier-Club ist, der sich über längere Zeit in der Bundesliga auf hohem Niveau etabliert hat. Aktuell gilt die Euphorie noch der WM der Männer in Südafrika, der richtige Hype wird danach kommen, wenn sich auf das Frauen-Ereignis konzentriert wird. Ich hoffe, die zuvor laufende U20-WM der Frauen wird dann auch schon gut wahrgenommen.

Wie gut sind die Gesamtstrukturen der SGS aufgestellt?

Wir sind dabei, uns weiter zu professionalisieren. Vom DFB wurden ein hauptamtlicher Geschäftsführer und ein hauptamtlicher Trainer gefordert. Das bringt die Sache nach vorne. Der wichtigste Punkt sind nun vernünftige Trainingsstätten, ein Kunstrasen ist von enormer Bedeutung. Die Frauenteams, die sich den Herrenbundesligisten angeschlossen haben, laufen uns sonst den Rang ab. Da schließt sich der Kreis zum neuen Stadion mit der notwendigen Infrastruktur.

Sie sprechen die „Gefahr“ an – Bochum, Köln, Leverkusen, Mönchengladbach – überall entdecken die Clubs den Frauenfußball für sich. Kann es passieren, dass Vereine wie die SGS irgendwann kippen?

Es ist so, wenn Bayern München zwei Millionen Euro in die Hand nimmt, dann wird das Team permanent Meister. Wenn es ein Club im Ruhrgebiet machen würde, geschieht das auch. Die Frage ist, was passiert mit der Frauenfußball-Euphorie in den genannten Städten, die uns umringen, nach 2011. Schließlich ist es und bleibt es so: Als Frauenabteilung ist man bei einem Herrenbundesligisten nur das fünfte Rad am Wagen. Dort hat man die Erste, die Zweite, die A- und B-Junioren, dann kommen die Frauen. Unser Vorteil könnte das Herz für die Sache sein. Aktuell ist es so, die Clubs stehen oben, die reine Frauenfußballvereine sind.

Wie hoch ist die Solidarität unter den Clubs der Klasse?

Es wird beim DFB ein eigenständiges Gremium geben, das die Bundesliga vertritt. Zurzeit sind wir noch Teil des Mädchen- und Frauenfußballausschusses, der sehr verbandsorientiert ist. Die neue Regelung wird der Situation gerecht, dass wir über eine Millionen weibliche Mitglieder beim DFB haben.

Wie verfolgen Sie die zuletzt eher dürftige öffentliche Darstellung des DFB durch Konflikte um Bundestrainer Jogi Löw und Ex-Schiedsrichter Manfred Amerell?

Wir sind eine Mediengesellschaft. Fußball ist eines der attraktivsten Ereignisse. Wenn es beim DFB etwas gibt, was man reißerisch aufmachen kann, dann passiert das. Das ist überall so.

Haben Sie Ihre Hausaufgaben für die neue Spielzeit schon gemacht? Bis zum 15. März mussten die wirtschaftlichen Unterlagen beim DFB eingereicht werden. Für die nächste Saison benötigen wir noch einen Trikotsponsor, wir schauen bei Verhandlungen auch überregional. Auf unserer Anlage an der „Ardelhütte“ planen wir ein Sport- und Leistungszentrum, es bewegt sich einiges. Die Stadt Essen ist nicht auf Rosen gebettet, wir müssen Leute für uns gewinnen.

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